Sieben Tage lang habe ich nun mit einem Zeitaufwand von insgesamt rund vierzehn Stunden die Header von 604 Spammails zwecks Identifizierung des sendenden Providers analysiert und an den entsprechenden Abuse-Kontakt weitergeleitet. Dabei ist vor allem eines aufgefallen: Der weitaus grösste Teil des empfangenen Spams wird über Provider in Ostasien, vor allem China, verschickt. Laut Andreas Reinhard, Geschäftsführer von Apexis Cleanmail ist das kein Zufall:
Dies begründet sich zum einen im häufig schlechten Schutz der dortigen Mailserver, die somit für den Spam-Versand missbraucht werden können (Open Relays u.ä.). Der Hauptgrund dürfte aber im largen Umgang der chinesischen Regierung mit Spammern und der Spam-Problematik überhaupt zu suchen sein. ISPs dulden das Treiben und verdienen gut daran, Bandbreiten sind günstig und Anti-Spam-Gesetze inexistent.
Dass die chinesischen Internet Provider relativ lasch im Umgang mit Spam sein könnten, zeigt sich nach meinen Erfahrungen auch daran, dass es praktisch keine publizierten Abuse-Adressen gibt, und wenn, diese dann vielfach nicht funktionieren oder die entsprechende Mailbox nicht geleert wird. Dies zeigte sich ja beispielsweise am Donnerstag, als ich als Antwort auf eine Abuse-Mails die Meldung
ErrMsg=mail box space not enough, account=abuse
erhielt. Andere Abuse-Meldungen erreichten zwar offenbar die Empfänger, allerdings erhielt ich auf keine einzige Reklamation an einen chinesischen Provider (und das waren immerhin 197 Abuse-Meldungen) eine Reaktion (und sei es nur ein Auto-Reply). Dasselbe gilt übrigens für Südkorea, welches mit fünfzig Spammails an dritter Stelle der Spam-Rangliste steht.
Wenigstens ein bisschen anders sieht das mit den USA aus. Zwar belegt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten den unrühmlichen zweiten Platz, allerdings sandten hier rund zwei Drittel der Provider wenigstens ein entsprechendes Auto-Reply und bestätigten den Erhalt des Mails.
Ganz anders sieht die Sache in Westeuropa aus, hier reagieren die meisten Provider äusserst empfindlich auf solche Spam-Meldungen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sandten alle sofort ein Auto-Reply und bestätigten in einem zweiten Schritt sogar entsprechende Schritte gegen den User. Etwas umständlich ist die Meldung von Spam bei T-Online in Deutschland und NTL Internet in Grossbritannien, da beide Provider Spamreports ausschliesslich über Web-Formulare entgegennehmen.
Immerhin gab es während der sieben Tage auch etwas Erheiterung: Die staatliche Telefongesellschaft von Trinidad and Tobago, TSTT, macht es sich ziemlich einfach (auch wenn nur ein einziges Spammail von dort kam). Meine Abuse-Meldung wurde von deren Mailserver nämlich mit der Begründung
Your message to XXX was considered unsolicited bulk e-mail (UBE). Delivery of the email was stopped!
abgewiesen. Sehr schön, so hält man sich auch gleich die lästigen Abuse-Meldungen vom Hals…
Die Spam-Rangliste im Einzelnen, sortiert nach Sitz des sendenden Providers:
- China: 197 Mails
- USA: 124 Mails
- Südkorea: 50 Mails
- Polen: 29 Mails
- Brasilien: 20 Mails
- Spanien: 18 Mails
- Frankreich: 17 Mails
Singapur: 17 Mails
- Deutschland: 13 Mails
- Japan: 9 Mails
Vietnam: 9 Mails
- Grossbritannien: 8 Mails
- Argentinien: 7 Mails
Kanada: 7 Mails
- Israel: 6 Mails
Niederlande: 6 Mails
Russland: 6 Mails
- Indien: 5 Mails
Italien: 5 Mails
Mexiko: 5 Mails
- Australien: 4 Mails
Chile: 4 Mails
Hongkong: 4 Mails
Bulgarien: 4 Mails
Taiwan: 4 Mails
Türkei: 4 Mails
- Malaysia: 2 Mails
Norwegen: 2 Mails
Österreich: 2 Mails
Panama: 2 Mails
Rumänien: 2 Mails
Venezuela: 2 Mails
- Dänemark: 1 Mail
Dominikanische Republik: 1 Mail
Iran: 1 Mail
Kolumbien: 1 Mail
Quatar: 1 Mail
Schweiz: 1 Mail
Slowenien: 1 Mail
Südafrika: 1 Mail
Thailand: 1 Mail
Trinidad & Tobago: 1 Mail
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich leicht enttäuscht bin. Enttäuscht deshalb, weil ich mir mehr Rückmeldungen bzw. Reaktionen der Provider erwartet hätte. Klar, die wenigsten Provider geben eine Stellungnahme ab, wie sie nun im Einzelfall verfahren sind. Aber nur schon die Tatsache, dass viele Provider auf ein Abuse-Mail nicht einmal Auto-Replies verschicken, stimmte mich jeweils nachdenklich. Nur schon rein psychologisch würde es dem „Spam-Melder“ sicherlich gut tun, bekäme er überhaupt eine Reaktion des Providers…
Es war eine spannende und lehrreiche Spam-Woche, aber ich bin, ehrlich gesagt, nun auch froh, dass das Ganze vorüber ist. Soviel Spam im Posteingang und soviel Recherchearbeit für sowenig Reaktion seitens der Provider lohnt sich einfach nicht. Da gibts nur eines: Einen vernünftigen Spamfilter auf dem Server. Und den habe ich heute abend ja wieder eingeschaltet 😉
Links zur Kampagne „Spam-Woche“:
(Bilder von Andreas Roeschies, besten Dank!)