Ganz unrecht hat David Bauer ja nicht, wenn er in der heutigen SonntagsZeitung behauptet*), dass sich das typische Schweizer Blog „inhaltlich am Mainstream orientiert, zu dem man als Alternative angetreten ist“. Allerdings schiesst er mit seiner Argumentation auch etwas über das Ziel hinaus.
Ziel vieler Blogger ist es nämlich gar nicht, als Alternative zu den „herkömmlichen“ Medienangeboten zu glänzen, sondern vielmehr als Ergänzung. Ein Blog dient vielfach als Möglichkeit, einzelne Aspekte des eigenen Lebens darzustellen, oder die persönliche Meinung zu tagesaktuellen Geschehnissen darzustellen.
Daneben gibt es aber auch die ambitionierteren Blogger, die eigene Themen produzieren wollen. Allerdings ist das nicht so einfach, wie sich das mancher Leser (und auch David Bauer) vorstellen mag. Das beginnt bereits bei der Themenwahl. (Zeitungs-) Redaktionen, die durch Leser und Nachrichtenagenturen auf Themen aufmerksam werden, haben es da ungleich einfacher. Auch bei nachfolgenden Recherchen haben es Redaktionen leichter: Diese verfügen nicht nur über ein Netz von Quellen, sondern können bei wichtigen Themen auch entsprechend Manpower einsetzen. Manpower, die dem Normalblogger fehlt, denn dieser bloggt in der Freizeit und kann sich, nur schon aus finanziellen Gründen, nicht den ganzen Tag mit Recherche und Schreiben beschäftigen. Nur schon deshalb verbietet sich ein Vergleich zwischen einem (professionellen) Journalisten und einem Blogger.
Doch selbst wenn die eigene Story dann steht: Wie erreicht man nun die entsprechende Masse an Leserschaft? Zeitungen tun sich (mit wenigen Ausnahmen) nämlich noch immer äusserst schwer, solche von Bloggern ausgegrabenen Geschichten weiterzuverbreiten. Da wartet man lieber auf Mitteilungen von Nachrichtenagenturen, die den Verlagen nach wie vor, wenn auch nicht immer zurecht, als vertrauenswürdig erscheinen. Nehmen Sie die Blogger-Story für einmal doch auf, so fehlt zumeist die Angabe der Quelle. Etwas was Blogger seit jeher tun (und sich auch nicht zu schade sind, eine Zeitung als Quelle zu nennen)…
Darum hier mein Vorschlag an die SonntagsZeitung, an die tamedia, aber auch an andere Verlage wie Ringier oder Axel Springer für ein Experiment: Lasst Blogger doch mal für zwei Wochen in einer eurer Redaktionen arbeiten und gebt ihnen die Chance, an euren Möglichkeiten für Quellen, Recherche und (finanzieller) Manpower teilzuhaben. Ich bin sicher, dass dies schnell dazu führen würde, dass Blogger eigene, durchrecherchierte Stories präsentieren würden, die auf Mainstream-Redaktionen nicht beachtet werden. Etwas, was der Artikel offenbar von den Bloggern fordert.
Doch wie gesagt, viele Blogger wollen das auch gar nicht. Sie möchten nur ihre Sicht der tagesaktuellen Ereignisse darstellen. Diese damit aber gleich als Bla-Bla-Blogger abzuqualifizieren, scheint mir auch nicht der richtige Weg, zumal David Bauer vor einiger Zeit ja selbst sagte, was Bloggen bedeutet: „kreativ zu sein, Informationen zu verbreiten, seine Meinung zu äussern„. Na also…
Mehr Meinungen
- Lupe: Gibt es nur noch Bla-Bla-Blogger?
- metablog.ch: David Bauers Retourkutsche in der Sonntagszeitung
- SideEffects: Bla-bla-Blogger
- Infomagazin und Nachlese: Hr. David – gestatten Sie!
*) Da die SonntagsZeitung Ihre Onlineartikel spätestens nach einer Woche im Nirvana verschwinden lässt, gibts diesen hier auch als PDF für die Nachwelt. Ist dieses sonderbare Verschwindibus-Gebaren eigentlich ein Qualitätsmerkmal?
Du bringst es auf den Punkt mit der Tagesaktualität. Zwangsweise kommt es zu Überschneidungen. Vor allem wenn man aus der Praxis weis, dass der Artikel schlecht recherchiert ist, wie es im Sozialbereich leider oft Sache ist. Umgekehrt gibt es aber genug Blogs, die abseits des Mainstreams ihre Themen finden. Sicher haben die es schwerer. Ich bin mit aber sicher, das zB. die EEE-Books ihren Erfolg zum grossen Teil der Bloggerszene verdanken. Herr Bauer schreibt ja auch im Fokus des von ihm zitierten Spiegels und kaut Bekanntes wieder.
Ich denke der Typ hat einen Frust und schreibt sich den nun in der SoZ vom Leib.
Ist auch klar, dass es in der Schweiz nur wenige professionelle Blogs gibt, denn leben kann man davon nicht. Nur schon die Reichweite, wenn man in Deutsch schreibt, ist im Vergleich zu Englisch sehr klein.
Dass aber Profiblogger für die Printmedien immer mehr eine Gefahr darstellen, sagt schon Christoph Witte und Peter Hogenkamp hat’s getweeted:
Witte: „Profiblogger sind schnell und billig, und die Verlage werden deshalb ein riesiges Problem bekommen.“
Bin auch der Meinung der Artikel D. Bauer’s schiesse über’s Ziel hinaus.
Dennoch ist die Kritik bezüglich der thematischen Bandbreite in Blogs gerechtfertigt.
Den Mangel im Artikel der SonntagsZeitung sehe ich der Einseitigkeit. So hätte man ja auch mal das Niveau hervorheben können. Insbesondere das Sprachliche. Das mag jetzt zwar seltsam klingen, doch erst debattierte man noch in breiter medialer Öffentlichkeit über die nachlassende sprachliche Qualität, über die sprachliche Banalisierung durch SMS, Chat und E-Mail. Gegen diese Entwicklung heben sich Blogs wohltuend ab.
Doch der Vorwurf bezüglich Chauvinismus kann gerne an die bezahlten Journalisten zurückgereicht werden. Schliesslich sehen diese sich ja selber oft mehr als skandalentlarfende Meinungsmacher, denn als „Informanten für die Öffentlichkeit“. Welcher Journi träumt schon nicht von „seinem“ ruhmträchtigen WatergateSkandal?! Und auch deren thematische Bandbreite lässt ja kaum grossen Spielraum zu; und auch im gedruckten Journalismus gleichen sich Kommentare verdächtig und gar langweilig.
Doch das Eine kategorisch gegen das Andere zu stellen, macht keinen Sinn. Wo eine Meinung geäussert wird, so möchte sie auch gehört werden, möchte Aufmerksamkeit. Das alleine ist nichts Verwefliches.
Doch zum tausendsten Mal über iPhone oder über GW Bush’s Versagen zu lesen, ist tatsächlich müssig. Banalitäten verpackt in intelektuellem Gewand, smart und ironisch verfasst, sagt noch nichts über das Inhaltliche im Geschriebenen aus. Das was Literatur, Journalismus usw betrifft, gilt auch für Blogs.
Vielleicht könnte man ja Reich-Ranicki dafür gewinnen, sich durch die Bloglandschaft zu lesen, um daraufhin ein Urteil abzugeben . . .
Mein Gedanke war, David Bauer hat auf der einen Seite recht und auf der anderen Seite eben nicht.
Ich finde jeder Blogger kann seinen Blog so führen, wie er es für richtig hält.
Denn auch wenn manche Blogs das selbe kopieren, sorry ich meine (um) schreiben, kommt doch immer wieder ein Stück der eigenen Sichtweise dazu. Manchmal mehr und manchmal auch nicht.
Viele Blogger möchten einfach etwas unterhalten und Ihre persönliche Sichtweise der Dinge einbringen. In meinen Augen sind die Blogs auch ein zuverlässiger Indikator, wie wichtig ein Ereignis wahrgenommen wird.
Denn wenn Samuel Schmid innerhalb von 3 Tagen 122 „Nennungen“ erfährt, dann ist das ein guter Indikator, was die Menschen bewegt. Diesen Indikator würde ich als Journalist täglich beobachten.
Und Bloggen ist ein wichtiger Teil der Meinungsfreiheit und die Meinung muss ja nicht immer auf einer Journalistisch hohen Ebene ausgedrückt werden.
Ja schade, dass die Kommentar Funktion bei der SonnatgsZeitung nicht aktiviert ist. Wie es geht, das zeigt doch der OnlineTagi.
Schon erstaunlich: In der Sonntagszeitung versucht ein auch bloggender Journalist Blogs nach dem zu beurteilen, was diese erfolglos zu sein versuchen. Und so lese ich zum ersten Mal davon, dass ich als Blogger jenseits des Mainstreams Themen setzen will – und wenn möglich auch noch hoffe, dass ich das so gut mache, dass sie selber Mainstream werden.
Sorry, aber so denke ich nie, wenn ich blogge. Ich bin Freizeit-Blogger. Ich schreibe über das, was mich bewegt und beschäftigt. Und wenn das Themen aus Politik und Gesellschaft sind, so sind es die gleichen Themen, die Leute beschäftigen, die Zeitungen lesen.
Ich blogge also durchaus auch, anstatt einen Leserbrief zu schreiben. Ich erlaube mir die Subversion, meinen Senf zu einem Thema breit zu schlagen, ohne jemanden danach zu fragen, ob es ihm passt. Keiner muss, jeder darf lesen.
Dass das Thema ein anderes sein muss als das, was die Zeitungen hervor bringen, ist Blödsinn. Dass ich einen ganz anderen Raum für solche andere Themen habe als ein Journalist, das ist aber nur schon als Möglichkeit mein kleiner Lohn für die Gratis-Fronarbeit, die jedem geliebten Hobby auch innewohnt. Und so kann man eben in einem Blog über das Gefühl des feuchten Nebels auf der Haut lesen und am nächsten Tag über den Ärger über G.W. Bush, und mit gutem Recht kann man bei beidem sagen: Muss mich das interessieren?
Nein, muss es nicht. Aber ganz offensichtlich machen wir Blogger dennoch so manche Journalisten nervös. Und die Ignoranz scheint als Antwort zu gelten: Über Blogger zu schreiben, im ganzen Artikel keinen relevanten Link zu setzen und keine Kommentarfuntkion dazu anzubieten – ist alles selbstredend.
Ausgangsfragestellung und Form machen den Artikel so selber ein bisschen zu bla-bla-bla. Aber schön, konnten wir wieder mal darüber sprechen. Und nein: Bloggen werde ich dazu nicht. Nicht schon wieder.
Doch wohl eher eine Bla-Bla-Diskussion. Wenn Bloggen mit herkömmlichen Medien vergleichbar wäre, würde ich sie nicht mehr lesen. Und was die Glaubwürdigkeit betrifft: warum sollte ich meiner Tageszeitung mehr Vertrauen schenken, als dem Blogger in meinem FeedReader? Journalisten werden bezahlt. Und wessen Brot ich ess …
A propos Aussenwirkung: Es gibt da einen Blogger (mich), der einzig in der Blogosphäre erfahren hat, dass D. Bauer in der SonntagsZeitung mal wieder Schmalspur-Journalismus zum Thema Blogs abgesondert hat, weil er sich fast gänzlich aus dem Konsum von Holzmedien verabschiedet hat …
Das stimmt alles und trifft es ganz genau. Doch die Frage ist doch irgendwie auch, wer denn den Bloggern so viel anmutet, dass sie die grossen Medienhäuser gleich gestellt werden?
Wie schon schön besprochen wurde, Blogs sind privat und haben dementsprechend weniger Ressource, doch wollen die Blogger überhaupt mehr Ressourcen?
Mir gefällt es so wie es ist, denn mehr Zeit kann ich eh nicht aufwenden und da fängt es schon an …
haja, es ist auch nicht grad einfach, einen Blog in einer Niesche zu haben. Denn, der Mainstream ist halt das, was am meisten Gelesen wird. Leider haben ja selten die Blogs erfolg, die wirklich nicht Mainstream sind.
Tom? hast du dies alles selber geschrieben?
@John: Aehm, ja. Wieso meinen?