Wer mal schnell einen Screenshot in Google Earth macht und diesen nachher zum Beispiel auf der eigenen Internetseite veröffentlicht, lebt gefährlich. Das musste nun auch Kirstin Walther vom Saftblog merken, die 2006 zwei Luftbilder ihrer Kelterei ins Blog stellte und dafür nun eine Abmahnung in der Höhe von 1’400 Euro bekommen hat.
Die Abmahnung stammt aber nicht von Google selbst, sondern von der Firma Geocontent, die zwischen 2001 und 2006 einen zweistelligen Millionenbetrag investiert hat, um Deutschland aus der Luft zu fotografieren. Diese Bilder hat Geocontent unter anderem an Google lizenziert, wo sie u.a. in Google Earth eingesetzt werden. So weit, so klar.
Wer sich nun aber in der Hilfe von Google-Earth über die Möglichkeiten zur Nutzung der Bilder informiert, erhält dort folgende Information:
Wir freuen uns, dass Sie Google Earth noch stärker in Ihre Online-Welt integrieren möchten. Sie persönlich dürfen ein Bild aus der Anwendung verwenden (beispielsweise auf Ihrer Website, in einem Blog oder einem Word-Dokument), solange Sie die Angaben zum Copyright und zur Bezugsquelle nicht entfernen.
Eine Einschränkung macht Google dann aber doch:
Sie dürfen diese Bilder aber nicht an andere Nutzer verkaufen, als Teil eines Service anbieten oder in einem kommerziellen Produkt verwenden, z. B. in einem Buch oder einer Fernsehshow
Also alles paletti für den Screenshot im Blog? Mitnichten, denn die Geocontent-Anwälte geben zwar zu, dass bei Google Earth „leider eine verunglückte Formulierung gewählt worden“ sei. Allerdings sei bei „richtiger Betrachtung“ durchaus herauszulesen,
dass allenfalls eine rein private, aber keinesfalls wie immer geartete Nutzung in kommerziellem Zusammenhang zulässig sein soll.
Somit wäre wohl wieder die Diskussion eröffnet, ab wann bspw. ein Blog als „kommerziell“ angesehen wird. Ist das bereits bei einem Werbebanner der Fall? Oder gilt ein Firmenblog gleich grundsätzlich als „kommerziell“?
Die „verunglückte Formulierung“ von Google schützt auf alle Fälle niemanden, wie auch der gestrige Beschluss des Landgericht Hamburg in einem Verfahren gegen eine andere abgemahnte Firma zeigt. Darin heisst es nämlich:
Insbesondere können missverständliche oder unzutreffende Angaben der Firma Google zur Verwendungsmöglichkeit der bei Google Earth angezeigten Luftbilder nicht dazu führen, dass die Antragsgegnerin zur urheberrechtswidrigen Nutzung der Luftaufnahme berechtigt wäre.
Das mag rechtlich vielleicht korrekt sein, moralisch halte ich das aber für völlig falsch. Denn auf gut Deutsch heisst das, dass ein Lizenznehmer wie Google selbst dann keine Schuld trifft, wenn er offensichtlich unzutreffende oder zumindest missverständliche Angaben über die Verwendungsmöglichkeiten macht.
Aus meiner Sicht dürfte Google aber zumindest in Bezug auf einige der Abmahnungen von Geocontent nicht ganz unschuldig sein und als Lizenznehmer mit „schwammigen“ Angaben zumindest teilweise miteinbezogen werden.
„Denn auf gut Deutsch heisst das, dass ein Lizenznehmer wie Google selbst dann keine Schuld trifft, wenn er offensichtlich unzutreffende oder zumindest missverständliche Angaben über die Verwendungsmöglichkeiten macht.“
So einfach ist das nicht. Wenn ein Grafiker einem Kunden einen Prospekt verkauft, dessen Bilder das Copyright eines Dritten (Fotografen) verletzen, so muss dieser Fotograf den Kunden verklagen, wenn er an sein Geld kommen will. Anders geht es nicht: für den Fotografen verletzt der Kunde mit seinem Prospekt das Copyright, nicht der Grafiker, zumal er den Grafiker in der Regel ja nicht kennen wird. Der Kunde wird den Fotografen ziemlich sicher bezahlen müssen.
Aber: in der Folge kann der Kunde seinen Grafiker verklagen und von ihm Schadensersatz verlangen, den er in so einem eindeutigen Fall auch bekommen dürfte. Ich bin selbst schon mal in einem ähnlichen Fall reingefallen (allerdings im Zusammenhang mit der GEMA) und musste einen Kunden entschädigen, der für ein Produkt von mir Strafe zahlen musste. Da ich das ohne Diskussion erledigt habe, ist der Kunde sogar geblieben.
Also könnte das Saftblog jetzt im Gegenzug Google verklagen wegen der missverständlichen Formulierung; ob das allerdings Erfolg hat, weiss ich nicht. Weniger weil Google groß und das Saftblog klein ist, sondern weil die Formulierung eben nicht obejktiv falsch ist sondern nur missverständlich und weil das Saftblog eindeutig ein gewerblicher Anbieter ist. Gewerbetreibende werden aber anders eingestuft als Privatanwender und die Kenntnis der einschlägigen Gesetze einfach vorausgesetzt. Das kommt in der Begründung der Abmahnung auch gut rüber.
Grundsätzlich kann man doch davon ausgehen, dass man jedweden fremden Content nicht für sich selbst verwendet werden darf. Dann folgen die Abstufungen, z.B. im Rahmen von Creative-Commons-Regeln.
Sobald ein Blog Werbung (für fremde oder eigene Dienstleistungen, Produkte usw.) enthält, ist er kommerziell.
Was ist daran so schwierig zu begreifen?
NB: Saftblog kann Google (auch) nicht wg. „missverständlichen Formulierung“ verklagen. Das ist juristischer Bocksmist.
Nicht nur deswegen. Bei deinem Vergleich verkauft der Graphiker eine Bild, Google verkauft aber in diesem Beispiel keines der Bilder, sondern stellt nur die Möglichkeit zur Verfügung, diese Bilder kostenlos herunterzuladen.
Dass die Formulierung bezüglich Nutzung schwammig ist, berechtigt noch lange nicht Google zu klagen.
Andererseits besteht auch ein absolutes Recht das in deinem Fall der Graphiker belangt wird, wenn dieser wissentlich urheberrecht geschütztes Material verwendet. Und als Graphiker sollte man zumindest über die Grundkenntnisse des Urheberrechtes verfügen.