Unmoralische Blogger

Der heutige Artikel „Unmoralische Angebote“ in der SonntagsZeitung (SoZ) gab ja bereits vor Veröffentlichung zum Beispiel hier, da, da und da zu reden. Grund genug, den Artikel nun nach Erscheinen nochmal zum Anlass zu nehmen, einige Dinge zu klären.

Bezahlte Posts sind ein relatives neues Phänomen, das durch Dienste wie PayPerPost und ReviewMe eingeführt und von Trigami für den deutschsprachigen Markt adapiert wurde. Bereits vor dem in der SoZ erwähnten Post über Exsila hatte ich einen bezahlten Eintrag geschrieben, nämlich denjenigen über ReviewMe, und der hat zu deutlich weniger Reaktionen geführt als der Exsila-Post.

Über die Gründe dafür kann ich nur spekulieren. Vielleicht liegt es daran, dass der Hinweis auf den bezahlten Post etwas länger war und über den erhaltenen Betrag Auskunft gab. Oder vielleicht deuten Kommentare wie dieser und einige Mails darauf hin, dass das Thema erst durch den Artikel in der SoZ so richtig erkannt wurde.

Was die „paar Fränkchen“ für den Exsila-Beitrag betrifft, so liegt Autor Barnaby Skinner bereits falsch, denn ich erhielt Fr. 175.- für den Betrag. Bei 2481 Zeichen bzw. 69 Zeilen à 36 Zeilen ergibt das immerhin ein Zeilenhonorar von Fr. 2.53. Aus dem Hause Tages Anzeiger (zu der ja auch die SoZ gehört) weiss ich, dass es Artikel mit bspw. 140 Zeilen gab, die mit Fr. 400.- entlöhnt wurden, was einem Zeilenhonorar von Fr. 2 86 entspricht. Klar, Zeilenhonorar gibt es in der Schweiz offenbar nicht offiziell, dafür werden öfters Pauschalen für Artikel bezahlt, so wie das beim Exsila-Beitrag auch der Fall gewesen ist. So gesehen, ist die Entlöhnung sicherlich nicht schlecht…

Doch was ist mit der Vermischung von Werbung und „redaktionellem“ Inhalt? Barnaby Skinner schreibt, dass wir uns „bereitwillig für Werbekampagnen einspannen“ lassen und „vorbehaltlos“ mitmachen. So ganz bereitwillig und vorbehaltlos geschieht das natürlich nicht, wie ich dem Autor auch in meiner Antwortmail auf seine Anfrage mitteilte:

[…] dass sowohl ReviewMe wie auch Trigami vorschreiben, dass der Post entsprechend gekennzeichnet werden muss.

Diese Deklaration ist für mich denn auch eines der wichtigsten Punkte, denn es muss für den Leser ersichtlich sein, dass für den entsprechenden Post Geld geflossen ist. Wichtig ist mir persönlich auch das Produkt oder die Firma, über die ich schreiben soll. Nur wenn ich auch ohne Bezahlung darüber schreiben würde, macht für mich ein solcher Post auch Sinn. Schreibe ich nur darüber, weil ich dafür bezahlt werde, wird der Post meinen eigenen Qualitätsansprüchen nicht genügen.

Wie ich bereits mehrfach erklärt habe, betrachte ich die „sponsored posts“ eher als Experiment. Wie funktioniert es, wie ist die Akzeptanz solcher Posts, wie reagieren die Leser darauf, bringt es dem „Inserenten“ wirklich was (was hier etwas genauer unter die Lupe genommen wird).

Dass die Glaubwürdigkeit eines Bloggers ausschliesslich aufgrund einiger weniger bezahlter Posts zerstört wird, mag ich eigentlich auch nicht so recht glauben. Natürlich wird es immer den einen oder anderen geben, der einem deswegen „die Freundschaft kündigt“, doch das gibts auch, wenn ein Blog Werbebanner integriert oder für jemanden Partei ergreift. Doch schlussendlich sollte ein Blog bzw. ein Blogger aufgrund der Gesamtheit seiner Artikel bewertet und nicht auf die bezahlten Posts reduziert werden.

Eine ganz andere Frage stellt sich dabei auch noch: Während die bezahlten Einträge entsprechend gekennzeichnet sind (über die Art und Weise der Kennzeichung lässt sich sicherlich streiten), gibt es Unmengen von (Blog-) Artikeln, die schlussendlich auch Werbung für das eine oder andere Produkt sind und nicht bezahlt wurden. Auch die Artikel über den neuen Opera oder fakemyspace.com auf derselben SoZ-Seite sind im Grunde genommen Werbung. Pressemitteilungen zum Beispiel, die ja auch von den Medien aufgenommen und abgedruckt werden, sind im Endeffekt nichts anderes als Werbung für das Unternehmen. Und doch nehmen Zeitungen wie auch Blogger immer mal wieder Bezug auf solche Mitteilungen. Ist das nun besser, weil es Werbung ist, für die der entsprechende Autor nicht bezahlt wird?

25 Comments

  1. Remo Uherek 24.12.2006
  2. Peter Schneider 24.12.2006
  3. urs prediger 25.12.2006
  4. Dr. Leser 25.12.2006
  5. fuzzy 25.12.2006
  6. BloggingTom 25.12.2006
  7. fuzzy 25.12.2006
  8. monoblog 25.12.2006
  9. Bürger-Herold 25.12.2006
  10. urs prediger 26.12.2006
  11. Bürger-Herold 27.12.2006
  12. Simonius 28.12.2006
  13. cladio m. 28.12.2006
  14. Dr. Leser 29.12.2006
  15. bugsierer 29.12.2006
  16. BloggingTom 29.12.2006
  17. bugsierer 29.12.2006
  18. Gris-Gris 31.12.2006
  19. Uschi 10.01.2007
  20. Christian Schenkel 2.02.2007
  21. BloggingTom 3.02.2007
  22. Sopur 10.08.2007
  23. BloggingTom 10.08.2007
  24. Sopur 10.08.2007