Dass Geld den Fussball regiert, ist ja nicht mehr neu. Auch dass sich die Fussball-Oberen immer neue Einnahmequellen erschliessen wollen, weiss man bereits. Dass nun aber auch Restaurants, die auf einem Bildschirm Spiele der Fussball-EM 2008 zeigen, Gebühren an die UEFA zahlen sollen, ist ziemlich unverfroren:
Zahlen sollen alle, die ein EM-Spiel am Fernseher einschalten und nicht nur Familie und Freunde mitgucken lassen. Die Uefa, welche die Urheberrechte ihres Turniers besitzt, möchte auch all jene zur Kasse bitten, die nur Essen oder Getränke verkaufen – und keinen speziellen Eintritt verlangen. Die Regelung würde Tausende von Gaststätten treffen. Und zwar unabhängig davon, ob sie zum kollektiven Fussballschauen im kommenden Juni speziell einen Fernseher anschaffen und ins Freie stellen oder einfach das herkömmliche Gerät in der Ecke laufen lassen.
75 Franken oder 50 Euro möchte die Uefa pro normalen Fernseher für das Turnier erheben. Für grösse Bildschirme will sie doppelt so viel verlangen. Teuer zu stehen kommen Grossleinwände: Hier will die Uefa 15 Franken oder 10 Euro pro Quadratmeter und Spiel kassieren. Die Bildschirme zwischen 35 und 45 Quadratmeter, wie sie in den offiziellen Public-Viewing-Zonen aufgestellt werden, würden für alle Partien über 10’000 Franken kosten.
Die UEFA ist mit ihrer Forderung nach einem Gesetz gegen Schmarotzerwerbung (Ambush-Marketing) zwar beim Bund abgeblitzt, doch das hält den Europäischen Fussballverband nicht davon ab, ständig nach weiteren Einnahmen zu suchen. Gespannt bin ich aber, wie die UEFA eine solche Abgabe durchsetzen will und auf welcher Rechtsgrundlage dies möglich sein soll.
Der EURO 2008-Slogan „Erlebe Emotionen“ macht seinem Namen also bereits jetzt alle Ehre. „Erlebe Emotionen – aber nur wenn Du zahlst…“
[Update] 31.01.2007
Gris-Gris weist in seinem Kommentar richtigerweise darauf hin, dass die UEFA inzwischen bekanntgegeben hat, auf die „Wirte-Gebühr“ zu verzichten. Siehe dazu auch das Interview mit
Euro-08-Geschäftsführer Martin Kallen im heutigen Tages-Anzeiger.
Würde mich ja nicht wundern, wenn jedes Häuschen aus UEFA-Sicht plötzlich als Restaurant gilt und alle, die bei dort ein- und ausgehen, vom UEFA-Kontrolleur vor der Haustür überprüft würden – Freund oder Familie?
Wann lassen FIFA und UEFA eigentlich das Wort „Ball“ und den Kreis an sich markenrechtlich schützen? Armbanduhren müssten dann eckig sein (oder eine FIFA-/UEFA-Lizenz haben müssen). Der Opernball würde dann Operntanzveranstaltung heissen (oder eine FIFA-/UEFA-Lizenz haben müssen). Die Ballade würde dann Tanzlied heissen (oder eine FIFA-/UEFA-Lizenz haben müssen). Die Sportart Handball müsste dann Handrundwurfdings heissen (oder eine FIFA-/UEFA-Lizenz haben müssen). Usw. usf.
Schon wieder ein triftiger Grund, mich so gut wie gar nicht mit Fussball abzugeben.
Fussball sollte ja ursprünglich mal ein Sport für jeden, vorallem auch für die ärmeren Menschen, sein. Genauso wie das der Dölf Ogi sieht: Sport bringt Perspektiven und vorallem die Leute dazu miteinander zu reden. Aber leider zeigt sich auch im Sport wieder die Tendenz „Macht, Profilierungssucht und Gier“.
Kaum zu fassen – ich habe gerade die Vorstellung von einem UEFA-Vertreter, der ähnlich wie ein GEZ-Beamter von Haus zu Haus geht…
Soviel ich weiss, galt Ähnliches schon bei früheren Turnieren, die Rechtsgrundlage kenne ich nicht, nehme aber mal an, dass mit der Fernsehempfangsgebühr nur der private Gebrauch und nicht die Ausstrahlung zu kommerziellen Zwecken abgedeckt ist. Ob darunter auch ein Wirt fällt, der dank Fussball-Übertragung mehr Gäste hat fällt, darüber kann man trefflich streiten.
Dass im Fussball immer mehr nur noch das Geld regiert, ist übrigens eine Binsenwahrheit und entspricht der generellen Tendenz zur totalen Ökonomisierung unserer Gesellschaft … meint der alte Sozi Gebsn.
Es sind Übertragungen aus Gastfreundschaft und Liebe zum Fussball. Und die Gäste sind ja stets auch gerne bereit, für ein Bier oder Sandwich etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen. D.h. eher privater Gebrauch und durch die Empfangsgebühr abgedeckt. Die UEFA sollte sich schämen!
Allerdings ist es falsch, UEFA=Fussball zu setzen. Dieser Sport steht auch weiterhin ärmeren Menschen zur Teilnahme offen (was ich zum Beispiel bei der Formel 1 bezweifle).
@Gris-Gris: Du hast recht, man kann die UEFA nicht mit Fussball gleichsetzen. Ich hatte bei meinem Kommentar den Profifussball im Sinn. Ausserdem geht es hier ja weniger um das aktive Fussballspielen selbst als um das passive Fussballschauen. Und sobald Fernsehen übertragen wird, stecken nun mal Sponsoren, Werbepartner und eine Menge Geld dahinter.
Alles klar, bis auf dieses PASSIVE Fussballschauen. Dieser Begriff wird doch im aktiven Fussball verwendet („In der 2. Halbzeit war GC wie immer: passiv…“).
Ich hab’s ja noch nie verstanden: Wieso ist es für uns „Normalos“ ein so grosser Reiz, ein paar Ballkickenden Millionären in kurzen Hosen beim Spielen zuzuschauen?
Ich will ja nicht vorlaut sein, Marcel. Aber warum liest du Goethe und hörst Musik von Händel?
Nun denk an Ibrahimovic! Und…?
Letztlich ist es eine Frage der Proportionalität: Hier die Masse, dort das Individuum, das in seinem „Fachgebiet“ alles besser kann als jeder andere in dieser Masse. So genannte Ausnahmekönner, wie Marilyn Monroe damals auch (aber im Filmwesen).
Ihnen sieht man dann gerne zu (beim Fussball, im Film), weil sie in ihrem Ausnahmesein etwas von dem verkörpern, was uns die Religionen als Göttlich verkaufen.
Aber, bitte, nur IMHO.
Von „Sforza, Basler & Co.“ zu „Göttlich“ – ui, ui, jetzt wird aber der Bogen reichlich
gespanntüberspannt. IMHO, natürlich.Und: Ich höre nicht Händel. Sondern Mariah Carey. Schaue nicht Ibrahimovic (??? Ah, danke, Wikipedia!). Sondern Tatort. Und lese nicht Goethe, sondern Paperholic. Normalo halt, – sag‘ ich ja …
„… und Paperholic.“
Marcel, sag das doch gleich! Ich hör ja auch nicht Händel (aber Tom Waits statt Mariah Carey :cool:). Bei manchen verfängt das Göttliche, und man tut sein Möglichstes.
Nun sehe ich dich in einem völlig anderen Licht! Dennoch: Massengültig ist mein Gedankengang, in aller Bescheidenheit gemeint, schon irgendwie. Träume halt, auch Suggestion dadurch, dass Leute tausendfach mehr verdienen als man selber.
Zu gebsn würde ich jetzt sagen: Freundschaft, Genosse! Aber SOO gut kenne ich dich ja nun nicht.
@Gris-Gris: Tja, so ein Bloggertreffen wirkt da manchmal Wunder… da lernt man allerlei Leute kennen. Was mich gerade darauf bringt, dass ich dringend auch wieder mal an ein Treffen gehen sollte…
Genug des Geschwafels: Wir treffen uns am nächsten Bloggertreffen, hören Händel und schauen ganz genau, welcher Genosse was verdient. Das kann ja heiter werden …
Ohne Zeugenschutzprogramm bringt mich keiner an solche Kiffertreffen.
Und apropos „Geschwafel“. Mach nur weiter so, Marcel! Alles was du schreibst, wird automatisch von Suchmaschinen erfasst.
Update (der Vollständigkeit wegen):
„Es liegt voll und ganz im Sinne der UEFA und der Euro 2008 SA, dass die Spiele einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Wir wollen hiermit klarstellen, dass für Restaurants, Hotels oder Bars für die Endrunde der Fußball-Europameisterschaft keine Lizenzgebühren anfallen werden.“ (UEFA.com, Dienstag, 30. Januar 2007)
Na dann ist ja alles in Butter. Und wir können das
KifferBlogger-Treffen absagen …Sei doch nicht immer gleich beleidigt!
Doch, jetzt will ich nicht mehr *stämpfel*
Was jetzt: beleidigt oder nicht?