Bei Rot rechts abbiegen, rechts überholen und (manchmal) etwas andere Vortrittsregeln. In den USA und Kanada ist im Strassenverkehr alles ein bisschen anders. Man sitzt im gemieteten SUV, der 3,5 Liter-Motor (jaja, auch bei den Amerikanern ist downsizing angesagt) blubbert mit steten 2000 Touren vor sich hin und man gleitet gemütlich von Ort zu Ort. Als Europäer wird einem beim hier zelebrierten Fahrstil aber irgendwie auch etwas langweilig. Kein Drängeln, keine vermeintlich gestressten Autofahrer und niemand, der auf seinem Vortritt bestehen würde. Und so nutzt der Europäer schon mal die Ampelstart, um das Gaspedal etwas mehr zu kitzeln und die 290 Pferdestärken zum galoppieren zu bringen. Die Ernüchterung folgt allerdings sofort: Trotz entsprechendem Hubraum und rauschendem Benzinverbrauch will sich der Ford Explorer nicht so in Szene setzen, wie man sich das insgeheim erhofft hatte. Im Gegenteil, der Motor klingt auf einmal unangenehm angestrengt und man kehrt – fast schon etwas enttäuscht – wieder zum gemächlichen Dahingleiten zurück. Hätte man sich doch besser einen Muscle Car gemietet anstatt des eher behäbigen SUV?
Etwas gewöhnungsbedüfrtig bleibt auch das rechts überholen auf Highways. Die europäischen Verkehrsregeln haben sich in den Jahren des Autofahrerlebens offenbar ziemlich tief ins Hirn eingebrannt. So wundere ich mich regelmässig, wenn ich rechts überholt werde und irgendwas in mir sträubt sich regelrecht, denn langsameren Vordermann rechts zu überholen. Auch das Rechtsabbiegen bei Rotlicht scheint fürs Hirn schwieriger zu sein, als ma annehmen könnte. Ich ertappe mich nach wie vor regelmässig dabei, auf Grün zu warten, anstatt vorsichtig weiterzufahren. Immerhin: Die vermeintlich immer freundlichen amerikanischen und kanadischen Fahrer erinnern mich mit energischem Hupen dann doch daran, dass hier halt doch alles etwas anders ist – und ich endlich rechts abbiegen soll.
Immerhin: Noch habe ich etwas Zeit, mich an die etwas anderen Regeln hier zu gewöhnen, heute steht dann nämlich die Fahrt von Toronto nach Ottawa bevor. Und vielleicht entdecke ich ja noch mehr Autos, die von erbosten Ehefrauen oder Freundinnen „verunstaltet“ wurden…
Wer hat sich nicht schon über Parkbussen geärgert oder Polizeifahrzeuge ohne Blaulicht bei verbotenen Verkehrsmanövern gesehen und sich gewundert, wieso die das dürfen. In New York rückt „Jimmy Justice“ Polizisten auf die Pelle, die verbotenerweise vor Hydranten oder auf Bushaltestellen parken, Rotlichter überfahren oder trotz Verbot U-Turns machen. Dass er dabei mit seiner unzimperlichen Art nicht auf grosse Gegenliebe stösst, ist ziemlich klar:
Das erinnert mich daran, dass ich vor einiger Zeit mal einen Artikel über die Zürcher Stadtpolizei schreiben wollte, die immer wieder ganz unbekümmert Fahrverbote ignorieren (Limmatquai) oder Strassen in verbotener Fahrtrichtung (Langstrasse) befahren. Die Stadpolizei hatte aber schon damals die entsprechenden Begründungen bereit. Jan Ingold, Chef Verkehrspolizei bei der Stadtpolizei Zürich, nannte vor allem präventive Patrouillenfahrten, aber auch „nicht dringliche“ Aufträge als Gründe:
Die Erfüllung all dieser Aufträge beschränkt sich leider nicht auf Orte, welche frei zugänglich bzw. befahrbar sind. Die Polizei kennt zwar auch Fuss-, Inlineskate- und Fahrradpatrouillen. Diese sind aber nicht jederzeit und überall einsetzbar, weil sie naturgemäss nicht für jeden möglichen Einsatz die nötige Ausrüstung dabei haben. Z.B. braucht es bereits für eine simple Spurensicherung von Kratzern an einem Fahrzeug einen Spurensicherungskoffer. Gleichzeitig kann einem nicht dringlichen Auftrag jederzeit ein dringlicher Auftrag folgen, weshalb die ausrückenden Polizeifunktionäre mobil bleiben müssen. Ein 10 minütiger Fussmarsch zu einem parkierten Dienstfahrzeug kann plötzlich ein gefährliches Problem darstellen, wenn es beim nächsten Einsatz um Minuten oder gar Sekunden geht.
Und weiter:
Daher ist es immer wieder unumgänglich, dass die Polizei auch ohne den Einsatz von besonderen Warnsignalen zwingend mit einem Motorfahrzeug ausrücken und dabei allenfalls Verkehrsregeln missachten muss. Rechtlich lässt sich dieses Handeln mit der (polizeilichen) Amtspflicht begründen, welche grundsätzlich verbotene Handlungen straffrei werden lässt. Dass dies in einem verhältnismässigen Rahmen und mit der nötigen Vorsicht geschehen muss, versteht sich von selbst. Die Amtspflicht ist aber kein Freischein für eine generelle Missachtung von Verkehrsregeln, sondern die Fahrten müssen auf den Einzelfall hin gegenüber den Vorgesetzten und allenfalls Untersuchungsbehörden dienstlich begründet werden können.
Diese Gründe dürfte wohl auch das New Yorker Police Department während der offenbar nun laufenden Untersuchung nennen, um aus der Videoaffäre wieder rauszukommen…
(via Blogaddict bzw. Netzbürger Brenrhad)
Der Tages-Anzeiger schreibt heute im Artikel „Jugendanwalt drängelte auf A 1“ über einen drängelnden Staatsangestellten, der auf der Autobahn einen Lieferwagenfahrer mit einem Abstand von „nur einem halben bis zwei Meter“ bedrängt hat.Und weiter:
Bedrängt und verunsichert, machte der Lieferwagenfahrer einen Schwenker, schleuderte und krachte gegen die Mittelleitplanke; dabei überschlug sich sein Auto. Der Jugendanwalt konnte dem kollidierenden Auto und den umherfliegenden Einzelteilen knapp ausweichen.
Die Bezirksanwaltschaft führte daraufhin eine Untersuchung wegen grober Verkehrsregelverletzung durch, stellte diese aber für beide Automobilisten ein. Sie überwies den Fall indessen wegen einer allfälligen einfachen Verkehrsregelverletzung an den Statthalter des Bezirks Pfäffikon. Dieser fällte eine Busse von 200 Franken wegen Nichteinhaltens eines genügenden Abstandes.
Eine einfache Verkehrsregelverletzung? 200 Franken Busse? Ist das alles? Hab ich nicht im Hinterkopf, dass schon einige Personen mit demselben Delikt viel härtere Strafen bekommen haben?
Tatsächlich scheint man es sich da etwas einfach gemacht zu haben, denn im VK Bulletin Mai/Juni 2005 [PDF], dem „Informationsorgan für Verkehrsrecht der Dienstabteilung Verkehr“ der Stadtpolizei Zürich, liest sich ein anderer Vorfall so:
In einem ebenfalls erst kürzlich ergangenen Urteil ging es um einen Lenker auf einer Autostrasse, der einem anderen Personenwagen bei guten Verhältnissen mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h in einem Abstand von nur 10 Metern gefolgt ist. Dies entsprach einem zeitlichen Abstand von 0,33 Sekunden bzw. „1/11-Tacho“. Bei dieser Gelegenheit stellte das Gericht [das Bundesgericht] klar, dass es entgegen einer Stimme in der Lehre mit BGE 126 II 358 nicht entschieden habe, erst bei einem Abstand von 0,3 Sekunden und weniger eine grobe Verkehrsregelverletzung anzunehmen. Entsprechend war im konkreten Fall der Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung auf jeden Fall gegeben (Urteil 6P.138/2004 vom 11. Februar 2005, zur BGE-Publikation vorgesehen).
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ heisst es in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Artikel 8, Absatz 1.
Dachte ich’s mir doch: Einige Personen sind eben doch gleicher als andere…