Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo
Im ersten Blogpost zu diesem Thema habe ich mich mit der Methodik des Bilanz Rankings in den Bereichen Facebook und Twitter auseinandergesetzt. Heute möchte ich den Bereich „Community“ , die Begründungen sowie die erhebende Agentur unter die Lupe nehmen. Hier meine Gedanken:
Extrapunkte: Im Bereich Community wurde jeweils ein Punkt vergeben für – Achtung, Achtung – „das Vorhandensein einer App„. Eine App? Weltklasse. Seit wann ist eine App a priori Social Media? Und noch mehr: Was genau hat eine solche in der Kategorie „Community“ zu tun? (Ob iPhone höher bewertet wird als Android, wird leider nicht gesagt). Egal. Hauptsache es klingt nach Web 2.0.
Bleiben wir aber noch kurz bei den Extrapunkten. Interessant ist, dass eine App gleich gewichtet wurde wie Migipedia. (Für „Sonder-Efforts – wie das Produkteforum Migipedia der Migros oder den Facebook-Sparbillette-Auftritt der SBB – gab es einen Zusatzpunkt“). Die gleiche Punktzahl bekommt übrigens auch, wer nur schon einen Facebook Button auf der eigenen Website installiert. Also lasst den Aufwand, eine eigene Community aufzubauen. Ein „Like“-Button reicht.
Followerzahl: Ist sie nun nichts wert („Oft werden Likers oder Followers geködert, sie folgen einem Brand – aber tragen nichts zur Kommunikation bei.“) Oder doch? „Je stärker sich Likers und Followers austauschen, desto besser spielt der virale Effekt“. Dass sie nicht einmal gewichtet gewertet wurden, finde ich unfair für alle Brands, die seriös eine Fanbasis aufgebaut haben.
Dachmarke oder Brand: Migros bekommt einen Abzug, weil sie „in den Social Media sehr viel Energie“ in Submarken steckt, aber als Hauptmarke zurückhaltend sei. Aha. Dumm, dass genau das die Gesamtkommunikationsstrategie des orangen Riesen ist: Die Hauptmarke durch die Subbrands zu tragen und zu stärken. Die Migros für die Kohärenz zu bestrafen, erscheint mir wenig sinnvoll.
Begründungen: Sind ja bekanntlich Geschmackssache. Trotzdem: Die Welt der Fliegerei als „trist“ zu bezeichnen, finde ich schon fast humoristisch. Besonders in Social Media. Schon einmal von Southwest, Jet Blue oder KLM gehört?
Die erhebende Agentur: Ich selbst kannte die Online-Agentur m&m interactive Media zuvor nicht. Ist ja auch nicht massgebend. Ich kenne auch nicht die Bedeutung der eulerschen Zahl. Also easy. Zum Glück gibt’s Google. Was mich angelacht hat, ist eine Seite wie aus dem Internet-Archiv. Ganze 49 Fans hat die Agentur auf Facebook. Kein Wunder liest man weiter: „Anzahl Likers und Followers dürfen nicht die einzigen Erfolgsfaktoren für einen Social-Media-Auftritt sein“. Tja, zwar habe ich nicht erwartet, dass Mashable das Ranking erstellt, aber ein Twitter-Account wäre doch stimmig gewesen. So ist’s nun etwa genau so glaubwürdig, wie wenn ich (oder Homer J. Simpson) das Ranking der sichersten AKWs erstellt hätte.
Soweit zur Methodik und Argumentation des Rankings. Viele meiner Punkte deuten auf die Problematik hin, dass sich Social Media prinzipiell einem Ranking entzieht. Meine ich. Mehr dazu im nächsten, und letzten, Beitrag.
Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo. Als «Ideas Merchant» bezeichnet sich Manuel P. Nappo. In Zürich geboren, in Italien aufgewachsen, studierte er an der HSG Universität St. Gallen International Management. Nappo ist Studienleiter für Sozial Media Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und Inhaber der Beratungsfirma Creative Assets. http://www.twitter.com/manuelnappo |
Danke Manuel für die Analyse.
Rankings in Social Media sind eine schwierige Sache (übrigens auch bei Unis etc.): Sie geben vor, komplexe Dinge messbar und darstellbar zu machen. Dieses Bedürfnis gibt es ja auch in vielen Unternehmen: KPIs, Kennzahlen, Ratings etc.
Wenn man schon Rankings macht, dann am besten radikal subjektive. Einfach 50 Leute fragen, die sich damit auskennen. Das Ergebnis wird ein ähnliches sein, wenn nicht sogar besser.
(Das übrigens local.ch fehlt ist natürlich ein riesiger Skandal.)
Es wird dann ziemlich kompliziert zu analysieren was ein seriöser Aufbau einer Fanbasis ist. Eine Vielzahl von Firmen in der Schweiz hat doch ihre Fanzahlen mit Wettbewerben aufgebaut und weiss überhaupt nicht, wass sie mit diesen Fans überhaupt will. Was nützen 30’000 Fans die weder die Seite nochmals besuchen, geschweige den, die Posts dieser Seite überhaupt in ihrer Pinnwand noch anzeigen lassen. Da spielt auch bei 30’000 Fans kein viraler Effekt mehr, ausser eben man terrorisiert die Fans dann via Aktualisierungen der Seite 🙂
Sauber angesetztes Skalpell.
Genial geschrieben! Ich freu mich schon auf Teil 3 – auch wenn der (vermutlich) nicht mehr aud die Studie und die Agentur eingeht
In der W&V erfolgte eine Studie über die Aktivität von Usern auf Fanseiten der Unternehmen, die sich auf Facebook registriert haben. Je höher die Follower Anzahl um so geringer war auch die Aktivität auf den Profilen. Häufig posteten auch nur noch die Profilinhaber, hin und wieder kamen mehrere Likes zusammen, ein paar Kommentare – aber ob die Aussage kraft haben? Wohl kaum. Aktionen wie Gewinnspiele und Rabatte sind vielleicht nützliche Hilfsmittel um schnell seine Fananzahl zu verdoppeln – aber was nützen einem 30.000 Fans, die am Ende „nichts“ wert sind?