Unstimmiges Social-Media-Ranking – Teil 1

Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo

Anfangs Mai wurde das „Erste Social-Media-Ranking der Schweiz“ in der ‚Bilanz‚ veröffentlicht. Nun – meines Erachtens entzieht sich Social Media prinzipiell einem Ranking (mehr dazu später). Trotzdem wollte ich den Autoren (der Media Agentur m&m) eine faire Chance geben (besonders, weil im Titel „Überraschungen inklusive“ und „Qualität geht im Ranking vor Quantität“ stand). Also habe ich mir die Sache etwas genauer angeschaut.

Erstes Fazit: Nicht immer ist Social Media drin, wenn Social Media drauf steht.

Su Franke hat letzte Woche bereits einen treffenden Blogpost zum Thema geschrieben. Mit einigen sehr akkuraten Beobachtungen. Meinerseits setze ich mich an dieser Stelle deshalb eher mit der selbstgebastelten Methodik des Rankings auseinander. Hier meine Feststellungen dazu:

Die Dauer der Untersuchung: „Das erste Schweizer Social-Media-Marken-Rating wurde […] zwischen dem 15. und dem 20. April 2011 erstellt“.  Ganze fünf Tage lang wurde beobachtet, wer wie viel twittert – und dann benotet. Aha. Silly me. Ich dachte immer, Social Media müsse nachhaltig sein und langfristig aufgebaut werden.

Das Universum: Man könne nicht „internationale Marken wie etwa Nescafé mit nationalen Brands wie Zweifel vergleichen“. Stimmt. Warum wurde es dann trotzdem getan?  „Gewählt wurde“ gemäss m&m entweder der offizielle internationale oder der offizielle Schweizer Auftritt“. Ja… was jetzt?

Die Gewertete Bereiche: Facebook, Twitter und Community. Für mich klingt es wie Äpfel, Tomaten und Autoreifen (Reifen werden ja auch aus Kautschuk gemacht. Und der ist ja auch von einer Pflanze. Also kann man ihn ja auch mit Äpfel und Tomaten vergleichen). Facebook ist ein Social Network. Twitter ein Mikroblog und ein Newsverteilungsmedium. Und was genau ist die „Community“?  „Einbindung SM, Kommentarfunktion auf Website, Community, App, YouTube/Vimeo, Flickr, Blog, Wikipedia“. Aha. Sieht man sich die im Artikel zitierte Studie von Marcel Bernet an, ist die Berechtigung der 16 von 29 Punkte für Facebook durchaus gegeben. Weshalb aber ein Blog, der einiges mehr Aufwand und Engagement als ein Twitter-Account (6 Punkte) bedingt, nur mit 1 Punkt bewertet wird, bleibt mir an dieser Stelle unklar. Insbesondere, da laut Bernets Studie 22 % der Unternehmen einen Blog führen. Also fast so viele wie auch einen Twitter-Account aufweisen (27%).

Die Messkriterien bei Facebook: „Der Markenauftritt auf Facebook wurde unter den Prämissen Aktualität, Interaktion und Promomaterial untersucht.“ Aktualität mag ja noch messbar sein. 1 Post pro Tag. Ok. Aber wie genau wird Interaktion bemessen? „Mit Dialogbereitschaft“? Wie bitte? Und was genau hat Promomaterial mit Dialog zu tun?  Für mich klingt das sehr nach Old Media Agentur Denkweise.

Die Messkriterien bei Twitter: Aktualität. Aha. Also kein Thema, ob der User auch Retweets oder gar einen Dialog generieren kann. Hauptsache aktuell. Es lebe der spammende Twitter-Robot. Seltsam. Ich dachte immer, Social Media sei gleichzusetzen mit Dialog.

Soweit zur Methodik des Rankings. Weitere Gedanken zur Methodik, sowie zur Problematik, dass sich Social Media prinzipiell einem Ranking entzieht, in den folgenden zwei Beiträgen.

Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo. Als «Ideas Merchant» bezeichnet sich Manuel P. Nappo. In Zürich geboren, in Italien aufgewachsen, studierte er an der HSG Universität St. Gallen International Management. Nappo ist Studienleiter für Social Media Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und Inhaber der Beratungsfirma Creative Assets. http://www.twitter.com/manuelnappo

8 Comments

  1. su franke 19.05.2011
  2. Marcel Bernet 19.05.2011
  3. Hafner on CRM 19.05.2011
  4. Thom Nagy 19.05.2011
  5. Hafner on CRM 20.05.2011
  6. Manuel P. Nappo 20.05.2011