Die Wogen gehen hoch bei unseren deutschen Nachbarn. Von „Bloggergate“ ist da die Rede, und neben Blogs berichten in der Zwischenzeit auch Heise oder Spiegel über die Affäre, wonach diverse Blogs bezahlte Links ungekennzeichnet in ihren Blogbeiträgen platziert und dafür Geld erhalten haben.
Losgetreten wurde die Affäre durch Sascha Pallenberg, nicht unumstrittener Blogger von netbooknews.de, der in einem Beitrag verspricht, „Ross und Reiter von ‚Bloggergate‘ zu nennen“. Pallenberg legt in seinem Text dar, dass die Firma Onlinekosten GmbH, die unter anderem auch das ehemalige Blog von Robert Basic, Basic Thinking, betreibt, Blogger angeboten hat, für im Artikeltext platzierte Werbelinks zu bezahlen, und dafür den guten Ruf von Basic Thinking zu nutzen („Kooperation mit Basic Thinking“, wie es im Mail hiess).
Letztendlich sollten sie Links mit passenden Keywords in ihren Artikeln platzieren, fuer die die Onlinekosten GmbH bzw. die dahinter stehende intergenia AG 25 Euro zahlen wollte, wohlgemerkt pro Link und Monat. Wem das nicht genug war, der konnte auch schnell 65 Euro pro Link und Monat angeboten bekommen, was vor allen Dingen zeigt, wie hoch die Margen fuer die Onlinekosten GmbH sind.
Die Meinungen sind klar. Oder doch nicht?
Das spannende an der Sache ist aber, dass nun sich nun so ziemlich alle von der Sache distanzieren und solche Schleichwerbelinks verurteilen. Robert, ehemaliger Besitzer von Basic Thinking, bereut sogar den Verkauf seines Blogs („Es tut mir leid, Basic Thinking an Euch verkauft zu haben.„). Viele Kommentatoren in der Schwemme an Blogartikeln zum Thema sehen das aber anders und finden solche Links nicht weiter schlimm. Bei Basic Thinking wiederum schweigt man zum Thema gleich ganz und gibt dafür dem Spiegel ein Interview, in dem man allerdings verschweigt, dass die Werbelinks in Blogbeiträgen versteckt werden sollen.
Ob man diese Praktiken nun gleich als „Bloggergate“ bezeichnen muss, sei zwar dahingestellt. Für äusserst fragwürdig halte ich das ganze allerdings schon. Den eigenen Lesern bezahlte Links als persönliche Empfehlung unterzujubeln – und als das sehe ich Links in Blogbeiträgen an – ist schlicht und einfach unseriös. Da hilft auch die Aussage, man habe sich ja nur ein paar Euro dazuverdienen wollen, nicht weiter. Ein Blogger, der seine Leser so täuscht, hat in meinen Augen nichts begriffen, riskiert nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit und benutzt seine Leser auf perfide Weise für ein paar läppische Euro mehr in seinem Portemonnaie. Schliesslich, so dachte ich mal, seien wir ja immer diejenigen, die Facts, Objektivität und Wahrheit fordern. So wie die Blogger oben vor der Festung der Mainstream-Medien.
Werbung? Gibts auch hier. Aber gekennzeichnet.
Ja, auch auf meinen Blogs gibt es Werbung. Gegen Werbung an sich ist nämlich nichts einzuwenden, denn sie finanziert einen grossen Teil der im Internet zugänglichen Angebote. Allerdings ist diese bei meinen Projekten immer direkt als solche identifizierbar. Beim Travelblogger gibt es, im Gegensatz zum BloggingTom, sogar Affiliate-Links innerhalb der Beiträge. Allerdings: Ich ziehe es vor, diese jeweils entsprechend zu kennzeichnen, wie man beispielsweise in diesem Beitrag am Dollar-Zeichen hinter dem Link gut erkennen kann. Die Links sind zudem mit dem „Nofollow“-Attribut gekennzeichnet, so dass Google diese Links auch nicht zur Berechnung der Linkpopularität berücksichtigt.
Auch ich hatte übrigens am 7. Mai 2010 ein Mail von Christoph Berger von Onlinekosten.de erhalten und in den darauf folgenden Tagen mit ihm telefoniert. Sehr schnell wurde damals jedoch klar, dass sich Christoph einerseits nicht bewusst war, dass er sich mit BloggingTom nicht gerade das unbekannteste Blog ausgesucht hatte und dass wir uns mit dieser Art Geschäft andererseits, also dem Platzieren von nicht gekennzeichneten Werbelinks in Blogbeiträgen, nicht einig werden würden. Seither habe ich nichts mehr von Christoph gehört (und die Sache eigentlich auch schnell wieder vergessen, denn es ist nicht das erste Mal, das ich wegen solchen möglichen Geschäften kontaktiert werde).
Und wo ist die Bloggerliste?
Schade ist übrigens, dass Pallenberg die Liste der beteiligten Blogs nicht veröffentlicht hat, auch wenn man sich zusammen mit der nun im Netz kursierenden Keywordliste und einer Google-Suche (link:URL) selber einen ersten Überblick verschaffen kann. Schliesslich hatte Pallenberg anfänglich angekündigt, Ross UND Reiter zu nennen. Ich würde nämlich gerne wissen, wer mich da verarschen und mir nicht gekennzeichnete Werbelinks unterjubeln will. Immerhin: Eine erste kurze Recherche mit der von Pallenberg veröffentlichten Keywordliste zeigt, dass offenbar keine Schweizer Blogs am Linkspamming beteiligt sind. Aus dieser Liste lässt sich übrigens auch ablesen, dass mit bol.ch nur ein einziges Schweizer Internetangebot (das am Ende aber ein Ableger der deutschen buch.de ist) an „Bloggergate“ beteiligt ist.
(Cartoon: Cox & Forkum)
Hallo Tom,
über die richttige Kennzeichnung von Werbung kann man wahrscheinlich Artikel-Serien schreiben:
für mich persönlich bedeutet das Zeichen: „Klick hier drauf, dahinter verbirgt sich eine sehr wichtige (Börsen-) Info. So ganz ohne Erklärung auf der jeweiligen Unterseite ist dein Zeichen leider sinnlos und verleitet eher dazu das man öfter klickt.
Hi Tom und vielen Dank fuer diesen sehr sachlichen Artikel. Die waren leider in den letzten Tagen die Ausnahme.
Mir haben ein gutes halbes Dutzend Blogger Informationen geschickt, Vertraege, Emails, Linklisten. Das sind also meine Informanten gewesen und ich habe ihnen mein Ehrenwort gegeben, sie nicht zu nennen. Quellenschutz sozusagen.
Ebenfalls haben mir diese Blogger ihr Ehrenwort gegeben, diese Methoden in Zukunft nicht mehr mitzumachen.
Ich konnte die Jungs nicht zu Bauernopfern von Onlinekosten.de und Basicthinking machen. Ich hoffe du verstehst das.
Respekt, dass du auch offen darueber sprichst, dass Berger dich kontaktiert hat. Transparenz ist das wichtigste fuer uns Blogger!
Cheers aus Taipei
Sascha
Erinnert mich irgendwie an die seit ein paar Monaten grassierende Spam- und PR-Agenturen-Anfragewelle. Einfach nur obermühsam. Ob da die selben unangenehmen Zeitgenossen dahinter stehen?
Kürzlich kam solcherlei Beinahe-Spam gar aus der Schweiz: „Wir möchten Sie höflich anfragen, ob es eine Möglichkeit gibt, dass Sie über die Aktion XYZ [Webadresse einer Imagepflege-Aktion eines grossen Schweizer Energiekonzerns, das u.a. neue AKWs bauen will] einen Beitrag veröffentlichen? Bei Bedarf können wir Ihnen gerne entsprechende Unterlagen und Text-Bausteine zukommen lassen. Wir würden uns über eine positive Rückmeldung sehr freuen. Herzliche Grüsse, [Name], XYZ GmbH”
Ich bekenne: Ich verkaufe gerne Links. DoFollow-Links.
Nicht so billig wie die Pappenheimmer in der „Bloggergate-Affäre“, aber dennoch gerne und oft. Und: Ich mach sie kenntlich.
Daraus einen solchen Skandal zu fabrizieren ist wohl unnötig. Meiner Erfahrung nach war es ohnehin ein offenes Geheimnis in der Community. Für den unwissenden Verbraucher natürlich unschön, aber aus meiner Sicht macht es keinen Unterschied ob ich einen Link empfehle oder mit dem Käufer einen Affiliate Vertrag abgeschlossen habe und dauernd sein Marketing laufen lasse. Wenn der Verbraucher will, dann wird er so oder so dorthin gehen!