Der Elektronikhersteller Canon hat mit „You Connect“ ein Vehikel gefunden, mit dem sich ein raffinierter Überblick über die Vorlieben seiner potentiellen Kunden erstellen lässt. „You Connect“ ist die hauseigene „Community“ von Personen, die gerne mal ein Canon-Produkt testen wollen. Wer sich da aber anmelden will, muss einen siebenseitigen Fragebogen ausfüllen, der es in sich hat.
Da werden nicht nur die „üblichen“ Fragen wie Geschlecht und Geburtstag abgefragt, sondern es tauchen auch Fragen wie z.B. derjenigen nach eigenen Kindern auf – schön detailliert anzugeben, ob diese im eigenen Haushalt leben oder nicht. Oder die Frage, wie fest man an religiösen Ansichten und am Glauben festhält. Auch die Fragen, ob man an der „traditionellen Rollenverteilung“ der Geschlechter festhält, ob es einem wichtig ist, einen „höheren, sozialen Status“ zu erreichen oder ob man gerne „Kontrolle über Menschen hat“, fehlen nicht.
Ganz schön viel für eine simple Anmeldung in einer „Tester-Community“, bei der man nur mit viel Glück einmal für einen Test ausgewählt werden kann. Dass man auf Seite 7 nach dem Upload eines Fotos dann auch noch zustimmen muss, „dass Canon das von mir eingesandte Foto verwenden darf“, ohne dass genauer spezifiert wird, wann, wie und wo der Hersteller das Konterfei nutzen will, macht die Angelegenheit nicht gerade vertrauenswürdiger.
Aber offenbar werfen „testhungrige“ Leute gerne mal sämtliche Bedenken über Bord, nur um einmal ein neues Produkt testen zu dürfen. Wenn es denn jemals so weit kommt…
hehe…. ich hab auch mal wider Mail von YouCollect bekommen. Dann wollte ich den netten Wettbewerb ausfüllen… aber schwuups 404. Tja das wahr wohl nix 🙂
Grützi sehr geehrte Damen und Herren,
Hiermit möchte ich mich bei ihnen als Canon-Tester bewerben, denn Canon-Tester war schon immer mein absoluter und unangefochtener Traumberuf!!!
Liebend gerne möchte ich ihnen Auskunft über mich geben, damit sie wissen, mit dem sie es zu tun haben. Sonst könnte ja jeder kommen und einfach so Canon-Tester werden.
Ihre Fragen zur Weltanschauung kann ich sogar klarklar mit einem Satz beantworten: Auch ich bin Papst!
Frauen gehören hinter den Herd und nicht in die Kirche, an den Arbeitsplatz oder in die freie Wildbahn. Außerdem sind sie lange nicht so attraktiv wie unsere jungen unschuldigen Messdiener und noch dazu wesentlich zickiger.
Am Glauben sollte man auf jeden Fall festhalten und auch an dem Weltbild, das man hat. Materieller Besitz und viel Geld haben ist ebenso wichtig wie Menschen zu kontrollieren. Und vor allem deren Datensätze und sündigen Partyfotos. Nur, wenn eine starke autoritäre Hand ihnen allen klar macht, wohin der rechte Weg führt, kann aus dieser verkommenen Menschheit noch etwas werden.
Ich habe Jahre an Berufserfahrung als Weltbild-Tester, Glaubens-Tester und Nazometer gesammelt und bin der ideale Mann für ihren Job als Canon-Tester!
(Der Job als Steueroasen-Tester wurde leider mangels Masse abgelehnt).
Ich freue mich schon sehr auf ihre Bewerbungsunterlagen.
Bitte senden sie direkt an meine Postanschrift:
Thomas K
Glasbürgerweg 23
D-90210 Ratzfatzingen.
Wenn da nicht ein abgehobener Marketing-Mensch dahintersteckt… Dieses äusserts fragwürdige Befragen in diesem Zusammenhang wird sicher 95% der potentiellen Tester abschrecken. Diese restlichen 5% werden dann hochgerechnet und in der nächsten Canon-Inserat-Kampagne stehen dann verwirrende Headlines wie „Überlassen Sie das Drucken Ihrem Mann“ oder „Mein Pixma druckt leckere Rezepte für meine Familie aus“. Well done.
@ flughund: haha, so wird es sein, so wird es sein.
die frage ist, ob es wirklich nur 5% sind. ich glaube, es sind mehr. aber wie auch immer, das beispiel zeigt, dass internetkompetenz noch nicht wirklich weit verbreitet ist. sonst würden firmen solchen schmarrn nicht anleiern (dürfen).
eigentlich sollte man eine schwarze liste machen (blackblog), in der solche bauernfängermethoden 2.0 öffentlich angeprangert werden. oder gibts die schon?