Ein Gastbeitrag von Pascal Wagenhofer
Welche eine Freude, als ich vor wenigen Minuten den Artikel über die künstliche Verteuerung von MP3-Playern gelesen habe. In dem Artikel geht es darum, dass das Bundesgericht Beschwerden von Konsumentenschutz-Organisationen und SUISA abgelehnt hatte. Die Konsumentenschutz-Organisationen wollten die von der SUISA geforderte Zwangsgebühr für digitale Speichermedien (vor allem für MP3-Player mit HD oder Flash-Speicher, Video-Kameras usw.) vor Gericht ausser Kraft setzen, SUISA wollte höhere Gebühren als den von der „Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten“ bewilligten Betrag. Beide hatten dabei keine Chance vor Gericht und wurden nicht einmal (!!!) angehört.
Nun ist es also definitiv: es wird von den Herstellern eine Gebühr von einigen Rappen pro Gigabyte verlangt. Dies schlüsselt sich laut Tagi-Bericht wie folgt auf:
- bei Chipkarten werden 2 Rp. pro Megabyte (!!!) fällig
- bei Harddiscs in iPods, iRivern und ähnlichen Geräten, 47 Rappen pro Gigabyte
- bei Audiovisionsaufnahmegeräten (Videokameras, Fotokameras) 35 Rappen pro Gigabyte
Diese Kosten werden die Hersteller mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf die Händler und Konsumenten abwickeln. Konkret heisst das, dass ein iPod mit 40 Gigabyte Speicherkapazität um 18.80 CHF zugunsten der SUISA teurer wird. Ein einfacher 4GB Flash-Speicherchip z.B. für digitale Fotokameras wird um sage und schreibe 81.92 CHF teurer. Zum Glück kann man damit ja auch perfekt Musik abspielen…
Alles in allem heisst das für mich, dass ich zukünftig keine solchen Produkte mehr in der Schweiz kaufen werde sondern vielmehr über das benachbarte Ausland bestelle. Dabei habe ich einige Vorteile:
- MWSt. kann ich abziehen, dafür muss ich für Produkte über 300.- CHF hier MWSt. bezahlen – das verkrafte ich
- der Grundpreis des Geräts ist oftmals so oder so günstiger
- ich bezahle der SUISA keine Gebühren doppelt, dreifach oder nochmehr
Meinen Frust habe ich dabei der SUISA bereits heute Mittag mitgeteilt. Bis jetzt (16.30 Uhr) kam allerdings noch keine Antwort. Gerne veröffentliche ich den offenen Brief.
Grüezi
Besten Dank für’s durchboxen der Abgabe auf digitale Speichermedien. Mit diesem Entscheid kann ich leben, auch wenn es mir sehr schwer fällt, werde ich doch in Zukunft gezwungen, mir diese Gerätschaften im Ausland zu beschaffen. Ich bin keine Cash-Cow und die 7 Mio. anderen Mitbürger auch nicht. Zudem werde ich unter Garantie nicht doppelt und dreifach Gebühren bezahlen:1. Beim Kauf einer CD oder DVD
2. Beim kopieren in ein von mir gewünschtes Format (ist ja teilweise auch kostenpflichtig)
3. Beim Kauf einer leeren CD oder DVD
und viele weitere Abgaben.Zum Schluss möchte ich Ihnen nahelegen, sich einmal Gedanken über fehlendes Geld zu machen. Vielleicht liegts ja daran, dass die Kosumenten die heutige, nicht sehr anspruchsvolle Musik, einfach nicht mögen? Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die heutigen Vertriebswege (CD, DVD) nicht dem Wunsch der Konsumenten entsprechen und Musik-Downloads viel zu teuer sind? (ich sehe halt wirklich nicht ein, warum ich 30.- CHF für Download-Musik (am besten mit DRM) bezahlen soll, wenn ich das im Laden für 20.- CHF inkl. Booklet und CD erhalte?!).
Ich werde diesen „offenen Brief“ auf einem Blog veröffentlichen. Sie sind herzlich dazu eingeladen, mir eine Antwort zukommen zu lassen.
Ich bin der Meinung, dass die schweizer Gesetzgebung im vergleich zum Ausland noch RELATIV human ist. Dies rechtfertigt jedoch nicht, zusätzliche, teilweise doppelte Abgaben für Produkte und Geräte für eine einfache Gesellschaft, wie es die SUISA ist, zu erheben. Ich finde es eine Frechheit, mit welch Dreistigkeit hier diese Gesellschaften bereits vorgehen und wie weit die Lobby hineinreicht. Ich auf alle Fälle weiss, dass ich auch zukünftig keine CD’s kaufen werde. Da höre ich lieber keine Musik mehr als noch mehr Geld der SUISA zu schenken. Offenbar haben es die Musikgesellschaften schwer notwendig, solche Massnahmen zu ergreifen.
Allerdings wundert mich das nicht. Das Vertriebskonzept ist seit Jahrzehnten nicht gross verändert worden – der Internet-Markt wurde total verschlafen und beginnt erst jetzt langsam zu laufen. Allerdings sind dort die Songpreise (min. 1.50 CHF für einen Song) viel zu hoch, wenn ich denke, dass eine CD mit 40 Songs für ca. 25.- CHF zu haben ist.
Ich hoffe, dass hier die entsprechenden Stellen nochmals intervenieren und die SUISA doch noch, zum eigenen Interesse und Schadensbegrenzung, diese Abgabe nicht erheben wird.
Gut gebloggt Tom!
Es war „Ein Gastbeitrag von Pascal Wagenhofer“.
Leider muss man davon ausgehen, dass die Künstler selbst nichts davon merken werden, dass die SUISA nochmal einige Millionen mehr einnimmt.
Es wäre wichtig, dazu eine Stellungsnahme von der SUISA zu erhalten. Haben sie vor, die neuen Gebühren den Künstlern auszuzahlen – wenn ja, nur den grossen, die eh schon genug Kohle machen?
Es ist doch so: ein kleiner CH-Künstler hat fast nichts von dem sehr grossen Kuchen und die SUISA verbrätelt sehr viel in ihre eigene Maschinerie, die aber eher langsam läuft.
Es ist tatsächlich mehr als stossend, wenn eine 4GB Speicherkarte, die heute 80 Franken kosten, gerade nochmals mit einem solchen Beitrag besteuert wird, also damit DOPPELT so teuer wird wie heute. Mit den ständig sinkenden Speicherpreisen wird das Verhältnis dann immer grotesker. Und vor allem, wenn ich daran denke, dass auf diesen Speicherkarten vor allem selbstgemachte Bilder sein werden.
Ich werde zum Ausgleich beantragen, dass mir die SUISA oder wer auch immer dann etwas daran zahlt, denn ich produziere ja dann auch etwas künstlerisch wertvolles! Wenn ich schon mehrfach für etwas bezahle, das ich gar nicht beziehe, notabene.
Nein, echt.
Momentchen… Es geht um einen Bundesgericht-Entscheid. Das Alles wurde schon längstens politisch durchgekaut („..war nach längerem Hin und Her im Parlament im Januar 2006 verabschiedet worden“).
Damals hätte sich der Herr Wagenhofer melden sollen. Und ja – im Herbst sind Wahlen. Daran sei erinnert. Kann man ja nachlesen, wer was sagte und entsprechend handeln.
@ Martin
Da fällt mir noch etwas ein, was ich einmal gelesen habe:
😉
Ich möchte dringend bitten die SUISA nicht mit der IFPI zu verwechseln! Die SUISA zieht die Urheberrechtsgebühren, welche fast vollumfänglich an die Künstler weitergegeben werden ein. IFPI ist der Verband der Phono-Industriellen, welche gegen die „Raubkopierer“ in der Krieg ziehen.
Sonst bin ich einverstanden mit den immer wachsenden Gebühren. 😉
CHeers,
P
Diese Diskussion ist völlig HOHL. Fährt ins Ausland und kauft euch die Apparätchen dort.
Aber Google bewertet ja den PR auch auf Grund der Kommentarzahlen mit. Chapeau, Herr Tom!
und eben, iphone und andere mp3-handys sind von der gebuehr ausgenommen – logisch, oder?
aaarggghhhh: hier der link
@Gris-Gris: dass Google den PR auf Kommentarzahlen basiert, würde mich nun aber schwer überraschen, denn dann hätte maol symbolisch keinen PR von 6. Aber eben… der Algorithmus ist geheim 😉
Dieser Speichermedienzoll ist in meinen Augen ungesetzlich. Selbst wenn es vom Parlament so bestimmt wurde. Das geht in Richtung „Kollektivstrafe“ und ist diese ist selbst im Militär unzulässig!
Wie auch immer… Das Fazit der Geschichte ist doch, dass wir Konsumenten nun gänzlich ungeniert kopieren können, was das Zeug hält! Denn mit diesem Obulus an die SUISA liegt das alleweil jetzt drinn, auch vom Gewissen her!
Insofern finde ich diesen Strafzoll als befreiend, danke SUISA!
Da kann ich mich Thias nur anschliessen. Wer aus Tauschbörsen kopiert, muss kein schlechtes Gewissen mehr haben.
In der Musikindustrie wird abgezockt wo’s geht: Die Gebühren auf Speichermedien sind das eine, die horrenden Eintrittspreise an Konzerte das andere. Auch diese werden mit den fehlenden Einnahmen aus dem Tonträger-Business gerechtfertigt.
die Gebühren als Preis für ein sehr liberales Urheberrechts-Gesetz kann ich verkraften. Da wir unsere Gebühren nun über die Speichermedien zahlen, könnte die Schweiz ja allofmp3.com wirtschaftliches Asyl bieten… 🙂
Ich könnte ja verstehen,wenn auf Software die zum rippen von CD/DVD eine Gebühr erhoben wird,da diese ausschliesslich für das kopieren von Musik und Filmmaterial gedacht ist.
Aber generell auf jeden beschreibbaren Datenträger eine Gebühr zu erheben,die ausnahmslos der Musikindustrie zukommt kann ich nicht mehr nachvollziehen.Zumal ja gewisse Datenträger von diesen Gebühren befreit sind.
Es ist wirklich zu hoffen,dass die Schweizer/innen jetzt endlich mal aufwachen und sich dieser Entwicklung verweigern,statt nur immer die Faust im Hosensack zu machen und dennoch brav alles zu akzeptieren.
Es geht nicht um die paar Fränkli – mittlerweile geht es nur noch ums Prinzip.
Jetzt kommt uns wirklich mal zugute,dass die Schweiz so klein ist.Man ist in relativ kurzer Zeit in alle richtungen im benachbarten Ausland und kann sich dort mit den Dingen eindecken,die man braucht.
Es tut mir unendlich leid für den Handel,aber ich wünsche mir sehnlichst,dass der Absatz von betroffenen Artikeln vollkommen einbricht und stagniert.Interessant zu sehen,wie denn dann die Musikmafia reagieren würde.
Des weiteren kann ich über die schweizer Justiz der letzten paar Jahre nur noch den Kopf schütteln.Es stimmt wirklich:
Es hätt nur no tubble uf däre chuglä!
„Es hätt nur no tubble uf däre chuglä!“
Endlich einmal eine realistische Selbsteinschätzung. Und mir will einfach nicht in den Grind, was dieses Geheul JETZT NOCH soll. Da hat doch das Bundesgericht entschieden, und die Verwertungsgesellschaften haben sich durchgesetzt (wenn auch nicht ganz).
Natürlich blickt man mit viel Nostalgie z.B. auf jenen Tagi-Artikel zurück:
:
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/schweiz/507666.html
… reibt sich die Augen, weil man jetzt sogar Mehrfachabgaben entrichten wird und denkt daran – siehe oben! -, dass im Parlament eine Revision des Urheberrechts in Arbeit ist und im Herbst Wahlen sind. Tingeln ja jetzt dann gleich genug Politikerinnen und Politiker durch das Land. Die werden gerne ihren Standpunkt in dieser Materie erläutern, wenn man sie fragt.
Statt Getrötzle zu veröffentlichen (Gastbeitrag; aber man darf das selbstverständlich), könnte der Blog-Betreiber hier ja einmal darüber recherchieren und Zusammenhänge aufzeigen.
NB: Ich glaube, auf diesem Blog hier wesentlich mehr Geheule über Content-Klau via Aggregatoren o.ä. gelesen zu haben als Überlegungen zum DRM. Ja, das eigene Hemd… Widersprüche, die Tubble wie mich sich am Grind kratzen lassen.
der vielleicht beste beitrag zum thema 😀
http://2xm.org/?p=178
„… zukunftig im ausland mp3 player kaufen.“
„… in Frankreich werden beispielsweise für einen 4GB-iPod 51 Euro Abgaben an Verwertungsgesellschaften fällig, in Deutschland kommt der Kunde mit vergleichsweise traumhaften 2,74 Euro davon.“ (Gulli, 22. Juni 2006, http://www.gulli.com/news/geraeteabgaben-harmonisierung-2006-06-22/)
Könnte einer der hier kommentierenden Urheberrechts-Spezialisten einen (Kosten-)Vergleich EU-Europa – CH (nach dem 1. September 2007) erstellen? Das wäre nett!
Die Suisa behauptet, dass Künstler, Komponisten, Bearbeiter und Autoren die bei der Suisa als Mitglied eingetragen sind, von der Suisa Tantiemen für Ihre Werke erhalten. Möchte mal wissen wer im Jahre 2007 wieviel Geld erhalten hat. Angeblich werden diese Tantiemen zwischen den Musikproduzenten und Komponisten bzw. Verlagen und Autoren aufgeteilt und zwar ganz und gar nicht gerecht. Die effektiven geistigen Urheber erhalten einen Anteil von 0-30% der Beträge. Der Rest soll an die Firmen gehen. Wenn man von der Suisa etwas erhalten will, muss man übrigens Mitglied sein. Den Mitgliederbeitrag von CHF 100.- muss man aber 1. vorab und 2. vollständig selbst bezahlen.
Wie aus dem Verteilungsreglement hervorgeht, erheben die Suisa und Ihre ausländischen Schwerstergesellschaften (Komplizen) auch Gebühren auf FREIE WERKE. Bei denen sahnen dann, wenn die Suisa denn überhaupt etwas bezahlt, nur die Firmen ab und die eigentlichen geistigen Eigentümer erhalten nix! Die verdienen auch an OpenSource!
Einnahmen aus dem Ausland
Die Anteile der Mitglieder und Auftraggeber der SUISA am Ertrag, die ihre Werke im Ausland
erzielen, richten sich
– nach jenem ausländischen Verteilungsschlüssel, der von der verteilenden Schwestergesellschaft
gemäss den mit der SUISA abgeschlossenen Verträgen angewendet werden durfte;
– nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Urhebern und Verlegern, soweit diese
Vereinbarungen von den ausländischen Schwestergesellschaften berücksichtigt worden sind;
– nach dem Verteilungsschlüssel der SUISA in allen anderen Fällen.
Die Verteilungsschlüssel sind kompliziert und schwammig formuliert und damit sehr interpretationsfähig. Die Urheber erhalten also auf keinen Fall mehr als den mickrigen Anteil bei der Suisa. Selbst für ein einziges Lied ergibt die Sichtung der jeweilig möglichen Schlüssel einige Stunden Arbeit, dazu treffen meist mehrere Möglichkeiten zu. Für eine CD mit 10 bis 15 Liedern oder einen Film werden es locker Tage. Einwände von Bezugsberechtigten gegen die Abrechnungen müssen innert 6 Wochen ab dem Datum der Abrechnung erhoben werden. Es quasi unmöglich die Berechnungen anzufechten, denn die meisten Leute müssten dieses Prozedere ja in Ihrer Freizeit abwickeln.
Unterm Strich bedeutet das, dass die sich Suisa mit dem geistigen Eigentum der Urheber und den wirtschaftlichen Ressourcen der Produzenten und Verlage nahezu unkontrollierbar bereichern kann.
Nimmt man dann noch die (Mehrfach-)Gebühren dazu, die der Endverbraucher zu bezahlen hat, selbst wenn er die Datenträger für eigene Werke benutzt, dann ist die ganze Suisa in deutsch ausgedrückt DIEBSTAHL.