Vorgestern liess die Business Software Alliance (BSA) mit einer Pressemitteilung wieder mal ihre Ansicht der Software-Piraterie auf die Zeitungen los.
„Schaden durch Raubkopien sinkt in der Schweiz auf 386 Mio. Franken“ steht da geschrieben. Wunderbar, freut euch, liebe BSA, schliesslich ist es das erste Mal dass die Rate sinkt, anstatt wie in den früheren Jahren immer zu steigen…
Aber ich hab‘ doch noch was im Hinterkopf… Wurde in früheren Jahren nicht immer lauthals damit argumentiert, dass Raubkopierer das Arbeitsplatz-Wachstum stoppen? Ja tatsächlich, diese Auswirkung beschreibt die BSA nach wie vor auf ihren Seiten:
Softwarepiraterie kostet Arbeitsplätze. 2002 lag die Raubkopierate bei Standardsoftware in der Schweiz bei 32% – dadurch entstand der Softwareindustrie ein Schaden von rund 103’000’000 Franken. Eine aktuelle Studie der IDC kommt zu dem Ergebnis, dass bis zu 7’000 Arbeitsplätze in der IT-Branche geschaffen werden könnten, wenn es gelingt, die Raubkopierate um 10 Prozent zu senken.
Also gut liebe BSA: Das predigt ihr nun seit Jahren, darum fordere ich nun auch einmal den Gegenbeweis! Wenn, wie in eurer Pressemitteilung geschrieben, die Piraterie-Rate in der Schweiz von 31 auf 28 Prozent gefallen ist, und eine Senkung um 10 Prozent 7000 Arbeitsplätze schaffen würde, dann wären das bei den jetzt gemeldeten 3 Prozent immerhin 2100 Arbeitsplätze, die in der Schweiz in der IT-Branche neu vorhanden sein sollten…
Sicherlich: Nur schon über die Definition, wie denn das mit der IT-Branche gemeint ist, lässt sich wahrscheinlich trefflich streiten. Meines Erachtens sortiere ich die hier genannte IT-Branche in die Software-Branche ein, also Hersteller von Software, denn diese profitieren ja davon, wenn die Piraterie-Rate sinkt.
Darum, ich wär wirklich gespannt, ob Microsoft, Novell und wie sie alle heissen, im letzten Jahr tatsächlich 2100 Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen haben…
Ich glaube kaum, aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen!
[Update] 23.05.2005
Noch mehr Stoff zur Studie der IDC gibts auch im Bootsektor Blog.
[Update 2] 25.05.2005
Natürlich habe ich auch die BSA selbst um eine Stellungnahme zum obigen Thema gebeten, welche nun eingetroffen ist:
Die IDC-Studie geht von einem kontinuierlichen Rückgang der Rate in den Jahren 2002-2006 aus. Wie bei vielen kumulativen Prozessen, so sind auch hier in den ersten Jahren die Effekte am stärksten. Der Rückgang war 2002 aber nicht so stark wie nötig, so dass der vorhergesagte Effekt nicht in voller Stärke zum Tragen kommen wird.
Dennoch: wenn Sie sich die Zahlen des Bundesamts für Statistik ansehen (http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/medienmitteilungen.Document.61918.html) werden Sie sehen, dass 2003 auf 2004 die Zahl der erwerbslosen Informatiker um rund 300 zurückgegangen ist. Dies geschah im gleichen Zeitraum, über den die jüngste Pirateriestatistik Auskunft gibt.
Wie erwähnt sind die Auswirkungen nicht so stark wie in der IDC-Studie angegeben, weil bereits in der Frühphase des analysierten Zeitraums die nötigen Bedingungen nicht gegeben waren. Der Trend ist jedoch klar: die IT-Branche ist auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Wachstumsmotor, der Arbeitsplätze generiert. Durch eine Senkung der Piraterierate wird dieser Effekt unterstützt.Wir arbeiten derzeit an einer Wiederauflage der IDC-Studie, die den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen soll. Sie ist zudem notwendig, weil die ursprüngliche Studie sich auf die Pirateriestatistiken der Marktforschungsgruppe IPR bezieht, die nicht
mehr fortgeführt werden. Die BSA verwendet seit zwei Jahren einen andere Quelle, deren Ergebnisse im Bezug auf die IDC-Studie nicht die gleiche Aussagen erlauben, da sie mit einer anderen Methodik errechnet werden.Eine Anmerkung noch: die „neuen“ Pirateriezahlen stammen, wie auch die Studie zu den Auswirkungen der Piraterie auf den Arbeitsmarkt, von der IDC. Ich hoffe, dass dies nicht zu Verwechslungen führt.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Höppner
Ist doch der gleiche Spaß wie mit den Steuern oder Sozialabgaben in Deutschland. Arbeitsplätze sind ein gutes Argument für Lobbyisten.
he.. scharf, hart, wahr.. das gefällt flegel vanderzocht!!
((-: