Gastbeitrag Archive

Unstimmiges Social-Media-Ranking – Teil 3

Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo

In den ersten beiden Blogposts zum Social Media Ranking in der Bilanz habe ich mich mit der Methodik der Bewertung  auseinandergesetzt. Diese ist klar mangelhaft. Das Problem liegt hier ganz klar beim Untersuchungsobjekt: Social Media entzieht sich meines Erachtens prinzipell einem Ranking.

Das jährliche Ranking der 300 Reichsten im Lande, der umsatzstärksten Unternehmen, der erfolgreichsten Fussballteams: datenmässig erfassbar, bilanzier- und nachvollziehbar; von daher keine Einwände.

Doch Firmenauftritte in Social-Media zu qualifizieren, benoten und ranken: Das macht wenig Sinn, da nicht quantifizierbar. Social Media muss man erleben, um sie zu erfassen. Es besteht eine Gemeinsamkeit mit Wein, Eiskunstlaufen und Reisen: Erkläre ich jemandem das Gefühl und den Duft des Ozeans in Venice Beach, ist das bestenfalls Stückwerk, schlimmstenfalls irreführend. Weil ich weder das Situative noch des Anderen Erfahrungswelt substituieren kann. Und genau so ist es bei Social Media. Von aussen können wir’s nicht adäquat widergeben. Wir müssen mittendrin sein: es erleben, um mitzureden.

Unstimmiges Social-Media-Ranking – Teil 1

Ein Gastbeitrag von Manuel P. Nappo

Anfangs Mai wurde das „Erste Social-Media-Ranking der Schweiz“ in der ‚Bilanz‚ veröffentlicht. Nun – meines Erachtens entzieht sich Social Media prinzipiell einem Ranking (mehr dazu später). Trotzdem wollte ich den Autoren (der Media Agentur m&m) eine faire Chance geben (besonders, weil im Titel „Überraschungen inklusive“ und „Qualität geht im Ranking vor Quantität“ stand). Also habe ich mir die Sache etwas genauer angeschaut.

Erstes Fazit: Nicht immer ist Social Media drin, wenn Social Media drauf steht.

XING: Gebt Eure Kontaktlisten frei!

Ein Gastbeitrag von Patrick Hediger

Ich bin seit nun gut einem Jahr bei der Business Networking Plattform XING angemeldet. Bis im Herbst 2007 als normales Mitglied, dann habe ich auf Premium gewechselt. Nachdem Peter meinte, ich sei bei Xing noch recht rudimentär aktiv, habe ich angefangen, meine Kontakte auf- und auszubauen.

Neben den geschäftlichen Angaben und privaten Angaben zur Person interessieren – zumindest mich – auch die weiteren Kontakte, die jemand hat. Doch hier wird es spannend, denn diese Kontakte können auch gar nicht oder nur selektiv angezeigt werden. Konkret besteht die Möglichkeit, die Kontakte allen, niemandem, nur den direkten Kontakten, den Kontakten der eigenen Kontakte sowie Mitgliedern bis zum dritten oder vierten Bekanntheitsgrad anzuzeigen. Xing empfiehlt, die Kontaktliste allen Mitgliedern anzuzeigen. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es meist auch so gehandhabt wird. Aber es ist auch vorgekommen, dass Kontaktlisten von bestätigten oder unbestätigten Kontakten nicht angezeigt werden. Ich finde das schade, denn man nutzt Xing ja zur Kontaktpflege und vor allem auch zum Aufbau von neuen Kontakten. Denn durch die Kontaktlisten bin ich schon viel leichter wieder auf Personen gestossen, die ich schon kannte, aber irgendwie den Kontakt etwas verloren hatte.

Gibt es plausible Gründe, die Kontaktlisten nicht anzuzeigen? Wie macht Ihr es?

Patrick Hediger ist Medienschaffender und bloggt seit Januar 2007 auf tou.ch.

Warum Du nie einen Gastbeitrag schreiben solltest

Ein Gastbeitrag von Marcel Widmer

Der Hausherr dieses ehrenwerten Blogs wird aufgrund seiner stattlichen Reputation von Microsoft an die MIX08 in Las Vegas eingeladen. Und macht sich Sorgen, dass sein Blog etwas ins Hintertreffen geraten könnte, während er – umrahmt von reizenden Windows-Hostessen – den Jackpot im Casino knackt. Und so schreibt er lockerflockig ein paar Blogger an – Blogger, die von Microsoft noch nicht mal zu einem Automaten-Kaffee eingeladen würden. Und die sollen die Zeit während seines Las Vegas-Trips überbrücken – gefällligst. Und so schreibt er auch mir ein Mail:

Ich wollte Dich darum anfragen, ob Du Lust hättest, einen Betirag für BloggingTom zu schreiben.

Ich schreibe zurück, dass ich die Idee zwar faszinierend finde, dass meine eigenen Blogs aber schon unter meinem momentanen Schreibstau leiden würden. Gekonnt pariert er:

Siehste, vielleicht löst das Miniprojekt Gastblogging ja auch die Schreibblockade für Dein Blog wieder 🙂

Und schon verstehen wir beide (!) meinen Einwand als Zusage meinerseits.

Das hab‘ ich jetzt davon …

Die Frist („Bis Freitagabend ist OK“) scheint wenigstens auszureichen. Das heisst: jetzt am Freitagabend um 22:45 kommen mir a) Zweifel, ob ich den Termin tatsächlich noch halten kann und b) ob mir überhaupt noch was Gescheites einfallen wird. Schliesslich bin ich ganz schön unter Druck. Wann habe ich schon mal die Gelegenheit, in einem Top-Blog einen Eintrag zu publizieren und damit meine tastaturisierten Künste einem gigantischen Publikum vorzuführen? Millionen lesen mit – und mir fällt nichts ein.

Das hab‘ ich jetzt davon …

Ahh, ich hole mir einfach die ultimative Idee aus der Flimmerkiste. Ich zappe also durch die TV-Kanäle, vielleicht bekomme ich da den ultimativen Denkanstoss: Al Bundy, 10vor10 (in der Wiederholung auf SF2), der weise Heiner Geissler in einer Talkshow, eine Rätselshow bei den Österreichern (wieso nicht mit deutschen Untertiteln?), ein Boxkampf auf ProSieben … Mann, was soll ich schreiben?

Das hab‘ ich jetzt davon …

Gut, ich könnte mal in der Grümpelkammer dieses Blogs stöbern und sehen, ob sich da ein paar Trouvaillen finden, die sich zu einem Nobepreis-verdächtigen Blogeintrag verarbeiten lassen. Da nervt sich BloggingTom über GIMP, lästert über die Preise für ein Konzertticket von Barbra Streisand, philosophiert über Bloggen gegen Money (toll, und das einzige, was es hierfür geben soll, ist ein netter Link zu meinen Blogs) – aber was soll ich daraus literatrisch Wertvolles hervorbringen? Früher hat er selbst ja für Furore in der Bloggerszene gesorgt – heute überlässt er das nach Popluarität gierenden Gastbloggern. Und ich mach mit.

Das hab‘ ich jetzt davon …

Ich sitze da und grüble. Denke an früher, an morgen. An übergestern und vormorgen. Versuche Geschichten aus der Vergangenheit an die Oberfläche zu locken. Bemühe meine grauen Zellen, krame (geistig) in meinem Speicher und hoffe, tolle Erlebnisse aus der guten alten Bloggerzeit wiederzubeleben – aus der Zeit, als wir Blogger unsere Artikel noch selbst geschrieben haben. Aber nichts,rein gar nichts will mir einfallen. Und dennoch soll ich jetzt hier was schreiben, was Euch erheitert und/oder geistig bildet. Aber mir fällt nichts ein. Und wartet gierig. Vergebens.

Das habt Ihr jetzt davon …

Trotzdem eine Bitte: um in einem Jahr nicht wieder vor dem gleichen Dilemma zu stehen:
a) Sponsoren für meinen nächstjährigen Tripp zur MIX09 in Las Vegas melden sich bitte über die Kontaktadresse in meinem Blog.
b) Blogger, die während meiner Abwesenheit als Gastblogger bei mir schreiben und damit eine steile Bloggerkarriere starten wollen, melden sich ebenfalls dort.

Marcel Widmer bloggt seit über 3 Jahren: beruflich auf dem JobBlog und persönlich auf der B-Seite

Zwei Hopfenreduzierte, bitte!

MC Winkel

Ein Gastbeitrag von MC Winkel

Der MC Winkel hier als Gastblogger beim Tom, in der schönen Schweiz. Tschja, was schreibt man denn da? Ich bin ja mehr so der Anekdötchen-Typ. Also gerne mal zwei Anekdoten, die mir als erste Schweiz-Assoziation in den Sinn kommen. Fangen wir mit einem geografischen Kurz-Fauxpas an. Als ich nämlich im letzten Jahr mit ein paar Freunden eine Zeit auf einem Hausboot im Hamburger Hafen verweilte, erwarteten wir Besuch. Es hatten sich Blogger aus ganz Deutschland angekündigt, entsprechend überrascht war ich, als ein junger Herr sich mit „Ich bin der Luca, aus Tirol!“ vorstellte. Da wollte ich mein Erstaunen natürlich sofort zum Ausdruck bringen: „Sieh‘ an, Tirol! In der schönen Schweiz gelegen! Und jetzt extra nach Hamburg gekommen?!?“. Das Schlimmste daran ist eigentlich, dass ich mich nicht einmal versprochen habe. Ich war über 30 Jahre lang wirklich der Meinung, Tirol läge hier. Bei Euch. In der schönen Schweiz. Aber egal.

Kommen wir zu etwas Schöneren: den Frauen! Natürlich. Mal abgesehen, daß ich als kleiner MC unsterblich in Paola Felix aus St. Gallen (St. Gallen liegt jetzt aber wirklich in der Schweiz, oder? Muss ich gleich mal bei Wikipedia gucken…) verliebt war, wußte ich nicht viel über die schweizer Frauen. Bis zum Sommer 1998, denn da traf ich Carmen. Aus Bern. Bern konnte ich übrigens sofort zuordnen, aber das nur nebenbei.

Bei uns in Kiel lief gerade die Kieler Woche, ein relativ populäres, deutsches Seglerfest. „Seglerfest“ klingt jetzt vielleicht sehr elitär – in echt hat die Kieler Woche auch nicht unbedingt mehr als übrige Volksfeste zu bieten: Bier- und Wurstbuden, ein paar Showbühnen, auf welchen die D-Prominenz sich um letztmögliche Honorare bemüht und: Touristen. Touristen wie z.B. auch Carmen. Aus Bern.

Carmen hätte ich von der Optik jetzt mehr so in die skandinavische Ecke einsortiert. Rotblonde Löckchen, strahlend blaue Augen und ein gesunder Teint. Kurz: bis auf den Teint gar nicht mein Beuteschema. Was ich dennoch sehr bezaubernd fand: sie trank – wie ich – Bier. Aber nicht irgendein Bier, sie brachte sich extra für die Kieler Woche eine ganze Palette „Schweizer Lager Bier“ mit. Das fand ich aus zwei Gründen super: a) wie toll ist allein schon die Begegnung mit einer hübschen, biertrinkenden Frau (dennoch schlank, übrigens), die einem b) dann kulturell auch noch etwas beizubringen vermag, was ich nämlich lernte: das schweizer Bier ist grundsätzlich weniger verhopft als das Deutsche. Vielleicht sind deshalb die Schweizer auch weniger verkopft, als das Gros der Deutschen? Das sollen andere entscheiden. Was ich weiß: ich habe sie wirklich genossen, die Begegnung mit Carmen. Aus Bern.

MC Winkel a.k.a. Mathias Winks lebt seit über 30 Jahren in Kiel und findet das auch gar nicht so schlimm. Seit 2001 schreibt er ins Internet, seit 2004 bloggt er ganz offiziell täglich frische Geschichten aus seinem Leben auf www.whudat.de.

Gastblogging

Ein Gastbeitrag von Paddy

Das Problem haben eigentlich nur die bekannteren, vielgelesenen Blogs. Der Auto geht in Urlaub und hat keine Zeit, seinen Blog zu pflegen. Der kleine Normalo-Blogger denkt darüber gar nicht nach. Der schreibt eine kurze Blog-Notiz „Bin im Urlaub“ und geht. Was seine Leser in der Zwischenzeit machen, ist ihm egal. Nein, er denkt nicht einmal daran, ob ihm das egal sein soll. Er hat Urlaub. Punkt.

Ganz anders der A-Blogger. Der macht sich natürlich seine Gedanken und fragt sich, wie er es hinbekommen könnte, während seinem Urlaub keine Leser zu verlieren. Die sind sich nämlich an zwei, drei, vier Beiträge pro Tag gewohnt. Wenn da die Kadenz einbricht, dann duften die ab. Im Voraus schreiben und auf einen Zeitpunkt veröffentlichen wäre eine Lösung. Aber zu oft hat der A-Blogger das vor sich her geschoben. Jetzt reicht die Zeit nicht mehr. Da kommt die Idee des Gastbloggings natürlich gerade recht.

Warum sollte ich bei bei BloggingTom einen Beitrag schreiben? Ich hab‘ ja mein eigenes Blog. Wenn ich schon Content produziere, dann will ich den doch auch dazu verwenden, mein Blog zu füttern, nicht das anderer. Selber schuld, dass der zum A-Blogger wurde und deshalb sein verwöhntes Publikum bei der Stange halten muss.

Anderseits, kommt da nicht auch ein Link zu meinem Blog hin, wenn ich einen Beitrag liefere? Vielleicht lässt sich so sogar der Eine oder Andere aus Toms Leserschaft abzügeln. Immerhin werden’s ein paar Hundert Leute täglich sein, die meinen Namen und den Link zu mir sehen.

Das würde aber ja bedeuten, dass ich mich in diesem Beitrag von meiner besten Seite zeigen müsste. Also, allzu viel investieren mag‘ ich nicht. Also doch nichts? Oder muss ich gar nicht so viel Zeit investieren?

Ist nicht viel mehr die Tatsache, dass der Tom mich anfragt, schon ein Zeichen, dass er meine Schreibe mag? Und der kennt ja nur die, die hier auf’m Blog ist. Und da investier‘ ich schliesslich selten viel Zeit. Also genügt das dem Tom aus qualitativer Sicht schon?

Aber wenn ich schon selber oft nicht recht weiss, wie ich wenigstens noch einen Beitrag in mein Blog bekomm‘, warum sollte ich dann noch anderen Inhalt liefern, den ich doch selber gut gebrauchen könnte? Warum? Nur wegen dem bisschen Ruhm, einem Backlink und möglicherweise ein paar Besucher?

Was heisst denn eigentlich „nur“? Für Backlinks wurde auch schon Geld bezahlt, ich kriegte den umsonst bzw. gegen Content. Und sind wir nich alle spitz auf neue Besucher? Also eine sinnvolle Investition?

Vermutlich schon. Aber da mir schlichtwegs die Zeit fehlt, lass ich’s bleiben. Sorry.

Paddy bloggt auf eigent.li/ch und spart mit dem Projekt3S nach wie vor für seinen eigenen Segway.

Huerä siech!

Ein Gastbeitrag von Ernst Corinth

TRINKSPRUCH: Mir Schwyzer sind scho geili Saue, immer spitz uf alli Frauä, im Hodä abä söll er gah, und dä Zipfel stiiga lah!

Ich ahne zwar, was der Trinkspruch bedeutet, aber wortwörtlich verstehe ihn leider dann doch nicht. Und daher habe ich mein Vorhaben, diesen Gastbeitrag in Schwyzerdütsch zu schreiben, schnell wieder fallengelassen. Stattdessen gibt es nun in Hochdeutsch ein paar Worte zu meiner Heimatstadt Hannover, wo in diesen Tagen mal wieder die CeBIT stattfindet. Eine Messe, die so wichtig ist für diese Stadt, dass wir hier einen der innovativsten Streiks der deutschen Streikgeschichte erleben werden.

Geplant sind also Warnstreiks im Öffentlichen Dienst, auch bei den kommunalen Verkehrsbetrieben. Und weil diese Streiks in die CeBIT-Zeit fallen, fährt am Dienstag keine Bahn und kein Bus in der so überaus empfindlichen Zeit zwischen 3 Uhr und 7 Uhr morgens. Eine tolle Idee der Gewerkschaft, die damit nachhaltig beweist, wie ausgeschlafen sie und ihre Mitglieder sind.

In Hannover wird aber nicht nur zur CeBIT nachts gestreikt, sondern man tut was für den Umweltschutz. Und so geht es auch dem Feinstaub jetzt peu à peu an den Kragen oder Filter. Dank Umweltzonen, die nun nach und nach im mehreren deutschen Großstädten eingerichtet werden – darunter natürlich auch meine einst so fein verstaubte Heimatstadt. Und solche Umweltzonen machen natürlich Bewohner von Nicht-Umweltzonen-Städten mächtig neugierig.

Im Netz fand ich daher Ende Januar einen Text im Spitblog.de mit der nostalgischen Überschrift „Besuch in der Zone“. Und beschrieben wird darin eine Reise nach Hannover: „Weil Hannover doch jetzt so eine großartige Umweltzone hat, haben wir dafür mein Auto genommen, das hat schon so eine Plakette, die besagt, dass aus dem Auspuff nur Rosenduft in die Luft gepustet wird. Was soll ich sagen? Wirklich toll, so eine Umweltzone.“ Na bitte, aber es kommt noch besser, noch euphorischer: „Direkt nachdem wir an dem Schild vorbeigefahren sind, habe ich gleich erstmal das Seitenfenster heruntergekurbelt und meine Nase in den praktisch feinstaubfreien Wind gehalten. Einfach fantastisch.“

Aber auch die Hannoveraner haben sich dank Umweltzone schon verändert – positiv: „Als wir dann durch die Stadt geschlendert sind, meinte die Freundin, dass die Leute, die in der Umweltzone leben, auch gleich viel gesünder aussähen. Dem konnte ich nicht widersprechen.“ Und selbst auf die großstädtische Tierwelt hat solch eine fantastische Umweltzone Auswirkungen, die vor ihrer Einführung einfach undenkbar gewesen sind. „Wir,“ heißt es in dem Text nämlich weiter, „haben dann noch jeder eine Tasse fair gehandelten Kaffee getrunken und die Delphine im Maschsee gefüttert.“ Delphine in einem innerstädtischen Gewässer. Wahnsinn! Aber das ist noch längst nicht alles: „Und ich glaube, in den Herrenhäuser Gärten habe ich Einhörner weiden sehen.“

Und das ist wirklich: Huerä siech! (soll, meint das Internet, angeblich „krass, eyh“ heißen)

Ernst Corinth lebt in Hannover und arbeitet als freier Journalist unter anderem für das Online-Magazin Telepolis. Außerdem schreibt er bereits seit 1996 für die Hannoversche Allgemeine die Internet-Kolumne „Netzgeflüster“, die seit vergangenen Sommer dreimal wöchentlich online bei haz.de erscheint. Die letzten Ausgaben gibt es hier.

Suisa-Zwangsgebühr: Es reicht!

Ein Gastbeitrag von Pascal Wagenhofer

Welche eine Freude, als ich vor wenigen Minuten den Artikel über die künstliche Verteuerung von MP3-Playern gelesen habe. In dem Artikel geht es darum, dass das Bundesgericht Beschwerden von Konsumentenschutz-Organisationen und SUISA abgelehnt hatte. Die Konsumentenschutz-Organisationen wollten die von der SUISA geforderte Zwangsgebühr für digitale Speichermedien (vor allem für MP3-Player mit HD oder Flash-Speicher, Video-Kameras usw.) vor Gericht ausser Kraft setzen, SUISA wollte höhere Gebühren als den von der „Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten“ bewilligten Betrag. Beide hatten dabei keine Chance vor Gericht und wurden nicht einmal (!!!) angehört.

Nun ist es also definitiv: es wird von den Herstellern eine Gebühr von einigen Rappen pro Gigabyte verlangt. Dies schlüsselt sich laut Tagi-Bericht wie folgt auf:

  • bei Chipkarten werden 2 Rp. pro Megabyte (!!!) fällig
  • bei Harddiscs in iPods, iRivern und ähnlichen Geräten, 47 Rappen pro Gigabyte
  • bei Audiovisionsaufnahmegeräten (Videokameras, Fotokameras) 35 Rappen pro Gigabyte

Diese Kosten werden die Hersteller mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf die Händler und Konsumenten abwickeln. Konkret heisst das, dass ein iPod mit 40 Gigabyte Speicherkapazität um 18.80 CHF zugunsten der SUISA teurer wird. Ein einfacher 4GB Flash-Speicherchip z.B. für digitale Fotokameras wird um sage und schreibe 81.92 CHF teurer. Zum Glück kann man damit ja auch perfekt Musik abspielen…

Alles in allem heisst das für mich, dass ich zukünftig keine solchen Produkte mehr in der Schweiz kaufen werde sondern vielmehr über das benachbarte Ausland bestelle. Dabei habe ich einige Vorteile:

  • MWSt. kann ich abziehen, dafür muss ich für Produkte über 300.- CHF hier MWSt. bezahlen – das verkrafte ich
  • der Grundpreis des Geräts ist oftmals so oder so günstiger
  • ich bezahle der SUISA keine Gebühren doppelt, dreifach oder nochmehr

Meinen Frust habe ich dabei der SUISA bereits heute Mittag mitgeteilt. Bis jetzt (16.30 Uhr) kam allerdings noch keine Antwort. Gerne veröffentliche ich den offenen Brief.

Grüezi
Besten Dank für’s durchboxen der Abgabe auf digitale Speichermedien. Mit diesem Entscheid kann ich leben, auch wenn es mir sehr schwer fällt, werde ich doch in Zukunft gezwungen, mir diese Gerätschaften im Ausland zu beschaffen. Ich bin keine Cash-Cow und die 7 Mio. anderen Mitbürger auch nicht. Zudem werde ich unter Garantie nicht doppelt und dreifach Gebühren bezahlen:

1. Beim Kauf einer CD oder DVD
2. Beim kopieren in ein von mir gewünschtes Format (ist ja teilweise auch kostenpflichtig)
3. Beim Kauf einer leeren CD oder DVD
und viele weitere Abgaben.

Zum Schluss möchte ich Ihnen nahelegen, sich einmal Gedanken über fehlendes Geld zu machen. Vielleicht liegts ja daran, dass die Kosumenten die heutige, nicht sehr anspruchsvolle Musik, einfach nicht mögen? Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die heutigen Vertriebswege (CD, DVD) nicht dem Wunsch der Konsumenten entsprechen und Musik-Downloads viel zu teuer sind? (ich sehe halt wirklich nicht ein, warum ich 30.- CHF für Download-Musik (am besten mit DRM) bezahlen soll, wenn ich das im Laden für 20.- CHF inkl. Booklet und CD erhalte?!).

Ich werde diesen „offenen Brief“ auf einem Blog veröffentlichen. Sie sind herzlich dazu eingeladen, mir eine Antwort zukommen zu lassen.

Ich bin der Meinung, dass die schweizer Gesetzgebung im vergleich zum Ausland noch RELATIV human ist. Dies rechtfertigt jedoch nicht, zusätzliche, teilweise doppelte Abgaben für Produkte und Geräte für eine einfache Gesellschaft, wie es die SUISA ist, zu erheben. Ich finde es eine Frechheit, mit welch Dreistigkeit hier diese Gesellschaften bereits vorgehen und wie weit die Lobby hineinreicht. Ich auf alle Fälle weiss, dass ich auch zukünftig keine CD’s kaufen werde. Da höre ich lieber keine Musik mehr als noch mehr Geld der SUISA zu schenken. Offenbar haben es die Musikgesellschaften schwer notwendig, solche Massnahmen zu ergreifen.
Allerdings wundert mich das nicht. Das Vertriebskonzept ist seit Jahrzehnten nicht gross verändert worden – der Internet-Markt wurde total verschlafen und beginnt erst jetzt langsam zu laufen. Allerdings sind dort die Songpreise (min. 1.50 CHF für einen Song) viel zu hoch, wenn ich denke, dass eine CD mit 40 Songs für ca. 25.- CHF zu haben ist.

Ich hoffe, dass hier die entsprechenden Stellen nochmals intervenieren und die SUISA doch noch, zum eigenen Interesse und Schadensbegrenzung, diese Abgabe nicht erheben wird.