Huerä siech!

Ein Gastbeitrag von Ernst Corinth

TRINKSPRUCH: Mir Schwyzer sind scho geili Saue, immer spitz uf alli Frauä, im Hodä abä söll er gah, und dä Zipfel stiiga lah!

Ich ahne zwar, was der Trinkspruch bedeutet, aber wortwörtlich verstehe ihn leider dann doch nicht. Und daher habe ich mein Vorhaben, diesen Gastbeitrag in Schwyzerdütsch zu schreiben, schnell wieder fallengelassen. Stattdessen gibt es nun in Hochdeutsch ein paar Worte zu meiner Heimatstadt Hannover, wo in diesen Tagen mal wieder die CeBIT stattfindet. Eine Messe, die so wichtig ist für diese Stadt, dass wir hier einen der innovativsten Streiks der deutschen Streikgeschichte erleben werden.

Geplant sind also Warnstreiks im Öffentlichen Dienst, auch bei den kommunalen Verkehrsbetrieben. Und weil diese Streiks in die CeBIT-Zeit fallen, fährt am Dienstag keine Bahn und kein Bus in der so überaus empfindlichen Zeit zwischen 3 Uhr und 7 Uhr morgens. Eine tolle Idee der Gewerkschaft, die damit nachhaltig beweist, wie ausgeschlafen sie und ihre Mitglieder sind.

In Hannover wird aber nicht nur zur CeBIT nachts gestreikt, sondern man tut was für den Umweltschutz. Und so geht es auch dem Feinstaub jetzt peu à peu an den Kragen oder Filter. Dank Umweltzonen, die nun nach und nach im mehreren deutschen Großstädten eingerichtet werden – darunter natürlich auch meine einst so fein verstaubte Heimatstadt. Und solche Umweltzonen machen natürlich Bewohner von Nicht-Umweltzonen-Städten mächtig neugierig.

Im Netz fand ich daher Ende Januar einen Text im Spitblog.de mit der nostalgischen Überschrift „Besuch in der Zone“. Und beschrieben wird darin eine Reise nach Hannover: „Weil Hannover doch jetzt so eine großartige Umweltzone hat, haben wir dafür mein Auto genommen, das hat schon so eine Plakette, die besagt, dass aus dem Auspuff nur Rosenduft in die Luft gepustet wird. Was soll ich sagen? Wirklich toll, so eine Umweltzone.“ Na bitte, aber es kommt noch besser, noch euphorischer: „Direkt nachdem wir an dem Schild vorbeigefahren sind, habe ich gleich erstmal das Seitenfenster heruntergekurbelt und meine Nase in den praktisch feinstaubfreien Wind gehalten. Einfach fantastisch.“

Aber auch die Hannoveraner haben sich dank Umweltzone schon verändert – positiv: „Als wir dann durch die Stadt geschlendert sind, meinte die Freundin, dass die Leute, die in der Umweltzone leben, auch gleich viel gesünder aussähen. Dem konnte ich nicht widersprechen.“ Und selbst auf die großstädtische Tierwelt hat solch eine fantastische Umweltzone Auswirkungen, die vor ihrer Einführung einfach undenkbar gewesen sind. „Wir,“ heißt es in dem Text nämlich weiter, „haben dann noch jeder eine Tasse fair gehandelten Kaffee getrunken und die Delphine im Maschsee gefüttert.“ Delphine in einem innerstädtischen Gewässer. Wahnsinn! Aber das ist noch längst nicht alles: „Und ich glaube, in den Herrenhäuser Gärten habe ich Einhörner weiden sehen.“

Und das ist wirklich: Huerä siech! (soll, meint das Internet, angeblich „krass, eyh“ heißen)

Ernst Corinth lebt in Hannover und arbeitet als freier Journalist unter anderem für das Online-Magazin Telepolis. Außerdem schreibt er bereits seit 1996 für die Hannoversche Allgemeine die Internet-Kolumne „Netzgeflüster“, die seit vergangenen Sommer dreimal wöchentlich online bei haz.de erscheint. Die letzten Ausgaben gibt es hier.

4 Comments

  1. daZ 3.03.2008
  2. Sven 4.03.2008
  3. RHO 4.03.2008
  4. Sven 5.03.2008